OÖ. Heimatblätter 1970, 24. Jahrgang, Heft 1/2

Grenze ihrer Leistungsfähigkeit entwickelt und schließlich einen ausgedehnten Großhandel aufgebaut, den er, ohne durch ein Privileg oder eine Zunft geschützt oder gehemmt zu sein, ganz aus eigener Kraft und zum eigenen Nutzen ohne Rücksicht auf Vor- oder Nachteil der Allgemeinheit in einer Weise zu größtem Erfolg führte, die eigentlich schon den Typ des liberalistischen Unternehmers des 19. Jahrhunderts vorwegnahm. Dazu half ihm vor allem eine kühl realistische Einschätzung der gegebenen Verhältnisse, die den Wert materieller Güter wohl zu würdigen wußte. Schon sein Großvater Sigmund Mittermüller hatte eine solche Einstellung bewiesen, als er, obwohl 1607 noch als guter Protestant vom lutherischen Prädikanten Crupp zu Reichenthal getraut®®, um 1620 zum Katholizismus herüberwechselte, um nicht das Recht auf Besitz und Bleiben im Lande zu verlieren. An gesichts des weiten Umfangs von Joseph Mittermüllers Geschäftsbeziehungen und der zahl reichen Besitztümer, die nach seinem Tode zu verzeichnen waren, wäre es niemals möglich gewesen, die Verlassenschaftsabhandlung schon 18 Tage nach seinem Ableben abzuschließen, wenn nicht in seinen Aufzeichnungen größte Ordnung geherrscht hätte. Obwohl er selbst eine recht ungelenke Feder führte, muß er sich des Werts ordentlich geführter Geschäfts bücher voll bewußt gewesen sein. Aus der gleichen Einstellung heraus hat er auch seinen Kindern eine gründliche Schulausbildung angedeihen lassen. Sein ältester Sohn hätte sonst, als er 1748 seinen Braugasthof zu Blindenmarkt schuldenhalber verkaufen hatte müssen, dort nicht als Marktschreiber sein Fortkommen finden können, und die jüngste Tochter hätte sonst nicht als Sechzigjährige über eine so ausgeschriebene Handschrift und einwand freie Orthographie verfügt, wie sie jetzt noch eine Eintragung in dem Stammbuch ihres einzigen Sohnes zeigt®'. Daß im Mittermüllerhaus eine gewisse Bildungstradition lebendig war, ging wohl auf Joseph Mittermüllers Großvater mütterlicherseits zurück, den Oberneukirchner Hutmacherssohn Zacharias Hochholzer, der durch fast 30 Jahre Schulmeister in St. Johann am Wimberg gewesen war. Um 1750 war die Verbindung zur Familie Hoch holzer noch durchaus lebendig, denn ein Urenkel jenes Zacharias, Schulmeister in St. Oswald bei Freistadt, hatte bei dem reichen Windhaager Verwandten ein bescheidenes Darlehen aufgenommen. Die Gattin jenes Zacharias Hochholzer aber war die älteste Tochter des Leinwebermeisters Abraham Maderer zu Oberneukirchen gewesen, der es dort später ziun Marktrichter brachte. Ihr jüngster Bruder Ehrenreich Maderer trat in den Dienst der Grafen Seeau und wurde Verwalter der Schlösser Litzlberg und Würting. Seine Söhne, die größten teils akademische Studien absolvierten, wurden 1709 als „Maderer von Ehrenreichskron" in den erblichen Reichsritterstand erhoben®". Kann da nicht ein Funke der Intelligenz, des Unternehmungsgeistes und Organisationstalents, dem Joseph Mittermüllers Onkel zweiten Grades den Adelstitel verdankten, auch in dem fleißigen und strebsamen Windhaager Maurermeister wirksam geworden sein? Ehrgeiz, zum Marktrichter von Windhaag aufzusteigen, scheint Mittermüller nicht empfunden zu haben. Wenn er alle seine Kräfte und Mittel dafür eingesetzt hätte, wäre es ihm wahrscheinlich trotz eines ausgesprochenen Vorrechts der Familien Puchmayr und Jobst auf diesen Posten gelungen®^. Doch als nüchterner Rechner wußte er, daß er diesem Amte, ®' Laut Geburtsbrief der Herrschaft Waldenfels vom 12. März 1642 (OÖLA. LGA. W 33, 1). ®° Diese Eintragung im Stammbuch des Joseph Leeb (jetzt im Besitz des Verfassers) lautet; Schleichend folgt die Thraurigkeit / auf den Eues der Freude / Sohn! o greiffe nicht zu weit / sonst ergreifst du Beyde / Deine aufrichtige Mueter Theresia Leebin. Hans Marckhgott, Die Mäderer, eine alte oberösterreicbische Familie. Oö. Hbl. 4 (1950) 65 ff. Der Schul meister Zacharias Hochholzer von St. Johann erscheint hier als Johann H., Schuhmeister in St. Veit. Liste der Marktrichter von Windhaag in Mühlv. Hbl. 7 (1967) 160.

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