OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 3/4

Schrifttum Otto Jungmair, Allerhand Kreuzköpf' aus'n Landl. Heitere Mundartgedichte. OÖ. Landesverlag Linz, 72 Seiten. Otto Jungmair - ist hier nomen nicht wahrhaft omen! der Achtzigjährige, nach seinem Vorbild Franz Stelzhamer noch immer dastehend „wia ä Kerschbäm in ewiga Blüah", hat uns in seinem neuen Bändchen voll überquellendem Humor und künstlerischer Gestaltung von Wort- und Situations komik mit vereinzelt schon lange im Volk gängigen Schwankmotiven ein neues Bündel Verse aus seinem unerschöpflichen Quell mundartlicher Dichtung vor gelegt. Allein, es wäre nicht der berühmte, weit- und leiderfahrene Otto Jungmair, wären diese unbe schwerten heiteren Reime nicht mit tiefen sozial kritischen Betrachtungen verbunden wie schon vorher sein großartiges Gedicht „Der Arbeitslose", das schon längst zu den unvergänglichen Werken deutscher Dichtung zählt. So begegnen wir hier wiederum auch ernsten, nunmehr dem Leben der Landsleute entnommenen Sozialbekenntnissen, die, wie im Ge dicht „'n Simändl sein Klag",in den Worten gipfeln: Ja gall, es is än arge Pein, ä Baurnknecht sein. Wir erleben aber auch, psychologisch gut be obachtet, die verschiedenartigen, einander extrem gegenüberstehenden Einstellungen von Knechten und Besitzern zu den Errungenschaften des neuen Arbeitsrechtes, wobei die Knechte, berauscht vom Wissen um die ihnen nunmehr zustehenden Frei heiten und Rechte, weit über das Ziel hinausschießen, indes sich die in ihren bisherigen, mit eiserner Be harrlichkeit verteidigten Herrenrechten bedroht fühlenden Besitzer engstirnig der neuen Zeit ver schließen. Diese neue Zeit aber gehört den Knechten. Deutlich zeichnet sich die Wende in den sozialen Ver hältnissen in Jungmairs Versen „Dö guate alte Zeit" ab, in denen ein Bauernknecht rückblickend seine unendlich leid- und mühevolle Kindheits- undJugend jahre als bäuerlicher Dienstbote beschreibt und ab schließend feststellt: So han ih mih, wia's Leben fortläft, ollweil fest grdnnt und durchigräft, bis ih endli hiazt als Oxnknecht i da neichn Zeit han d mein Recht. Griag ih ä heunt grod ä nix z'schengä: Äfd'Jugdd mag ih nimmd denga!- Drum reds mä nix, ös heuntigen Leut, mehr vo dä "guatn altn Zeit!" Dieser Wandel, der sich gegenwärtig in der ge samten Sozialstruktur der bäuerlichen Bevölkerung abspielt, zeichnet sich so auch in OttoJungmairs barometergleich die Situation registrierenden Versen ab, die erkennen lassen, wohin in Zukunft das Pendel ausschlägt. E. B. Norbert Hanrieder, Müblviertler Mdhrl und andere Mundartdichtungen. Eine Auswahl im Auftrag der Hanrieder-Gemeinde Putzleins dorf. Zusammengestellt und erläutert von Direktor Ludwig Fuchs und Dr. Alois Sonn leitner. Holzschnitte: Auguste Aigner-Kronheim, Lieder: Bezirksschulinspektor Reinhold Friedl. OÖ. Landesverlag, Linz 1969, 288 Seiten. Norbert Hanrieder, Dichtungen in Mühlviertler Mundart. Eine Schallplatte der öster reichischen Phonothek,ÖPH 10014.OÖ.Landes verlag, Linz 1969. In gleich vornehmer Ausstattung wie 1964 den Neudruck von Norbert Hanrieders großem Bauern krieg-Epos hat der um die Dokumentation ober österreichischer Volkskultur so vielseitig bemühte Verlag nun auch die Auswahl aus dem lyrischen Ge samtwerk des großen Mühlviertler Dichters erscheinen lassen. Mit Freude werden die Kenner heimischer Mundartdichtung alle die seit den Erstausgaben ab 1865 vertrauten und geliebten Verse Hanrieders be grüßen, die nun in sorgfältiger und sachkundiger Ausgabe wieder zugänglich sind und wohl auch jenen Bestand von Hanrieders Dichtung ausmachen, der auch in Zukunft Dauer haben wird. In kluger Gruppierung zusammengefaßt, stellen die Heraus geber zunächst den „Dichter" und „Menschen Hanrieder" vor, wie er sich in seinen Selbstäußerungen kundgibt, wie zum Beispiel in seinen Überlegungen, ob er Hochdeutsch oder „in der Bauernsprach" dichten soll, und wie er sich selbst charakterisiert, etwa in dem schönen Gedicht über die Grabinschrift, in dem er vermerkt: I geh mein Weg dahi bumfest, wegn meinä schreimts, was s' wölln auf d' Lest! Dös Oani sollts mä nochiredn: „Falsch is der Mann koan AugnbUck gwen!" Es folgen nach einem Kapitel „Lebensweisheit" die zentralen Abschnitte „Mühlviertel — Mühlviertler" und „Mühlviertler Mährl" (Märchen), in denen der Dichter seiner geliebten Heimat in all ihrer Schönheit und seinen Landsleuten in all ihren Vorzügen, aber auch in ihren Schwächen, ein dauerndes Denkmal setzte; glänzend die nur durch die Legende von einer Wanderung des Heilands mit St. Petrus durch das westliche Mühlviertel zusammengehaltenen Verse über die einzelnen größeren Orte im Bezirk Rohrbach, in denen der Dichter historische Ereignisse, lustige Begebenheiten und landschaftlich Besonderes in qualitativ verschiedener Darstellung aneinander reiht. Mit Recht nur in einigen Proben vertreten ist die Schwankdichtung Hanrieders in den Kapiteln „Ön Adam seine Narreteien", „Schwanke", „D' Knödel wirtin" und „Reimwechsel" dargeboten, darunter auch der berühmte Schwank vom „Kälberschroa". Eine liebevoll zusammengestellte Auswahl der vertonten Lieder Hanrieders, die man R. Friedl, H. Hofer und H. Schnopfhagen verdankt, macht den Beschluß des ausgezeichneten Werkes. Äußerst verdienstvoll ist es, daß die sachkundigen Herausgeber, über deren mühevolle Arbeit man sich ein Bild aus der dem Gedenkband vorangestellten Einleitung machen kann, sich nicht damit begnügt haben, das dichterische Werk Hanrieders im ge druckten Wort unserer Zeit in Erinnerung zu bringen, sondern auch durch gute Mundartsprecher eine Schallplatte besprechen zu lassen, die einige be sonders eindrucksvolle Gedichte Hanrieders und einige Verse aus dem Bauernkrieg wiedergibt und dadurch die schon vielfach verklingenden Alter tümlichkeiten der Mundart des westlichen Mühl viertels noch einmal in ihrer ganzen Schönheit und Klangfülle festhält. E. B. 50

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