OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 3/4

„Handtpüxl" — „Claine Stutznpüxn" — „Raispüxl" nach den Welser Inventaren des 16.Jahrhunderts Wilhelm Riehs Die 89 Welser Inventare des 16. Jahrhunderts^ weisen insgesamt 205 Feuerwaffen (54 Luntengewehre, 98 Radschloßgewehre, 2 Schnappschloßgewehre und 51 Radschloß pistolen) auD. Unter den Feuerwaffen der damaligen Zeit kann zweifelsohne die Handbüchse als eine der interessantesten und beliebtesten Waffen bezeichnet werden. Die Waffe findet unter verschiedenen Bezeichnungen Erwähnung: „claine eisne stutznpüxn", „clainsraispüxl mit feuerschloß", „ciain handtpüxl mit zinntschloß sambt der hülft"'. Alle diese vorhin erwähnt Handbüchsen besaßen - wie aus der Bezeichnung „Büchse" hervorgeht - einen gezogenen Lauf. Feuergewehre, deren Länge mit Zügen und Feldern versehen waren, tauchten bereits n der ersten Hälfte des 16.Jahrhunderts auD und wurden schon damals allgemein als Büchse bezeichnet. Dem Typ des Gewehrschlosses nach können wir zwei Ausführungen der Waffen aus den Inventaren feststellen: solche mit Luntenschloß - „zinntschloß" - und solche mit Radschloß - „feuerschloß". Soweit es sich um Luntenschlösser handelt, kann mit an Sicherheit grenzender Wahr scheinlichkeit angenommen werden, daß es sich um Luntenschnappschlösser® handelt. So kann etwa bei der Bezeichnung „1 ciain handtpüxl mit zinntschloß"' der Jahreszahl des Inventares (1546) nach angenommen werden, daß es eine Handbüchse mit Luntenschnapp schloß gewesen sein muß. UnterderBezeichnung„handtpüxl",„stutznpüxl"und„raispüxl"indenWelserInventaren des 16. Jahrhunderts ist ein sehr kurzes und handliches Gewehr zu verstehen. Besonders zur Zeit der Luntenwaffe hatte es die Pistole zu ersetzen und wurde daher gerne statt der langen Muskete und auch statt der etwas kurzen Stutzenbüchse aufReisen mitgeführt. Luntenschloßpistolen wurden nur in äußerst geringer Zahl angefertigt und galten außer dem als unzuverlässig, unhandlich und recht unwirksam. So scheint der Umstand, daß dieses Kurzgewehr hauptsächlich von Reitern, Seeleuten und Reisenden - also von allen, die für ein langes Gewehr wenig Platz hatten und denen eine lange Waffewegen ihrer Umgebung hinderlich gewesen wäre - geführt wurde, recht einleuchtend. Der Vermerk „1 ciain handtpüxl mit zinntschloß sambt der hülft" in unseren Welser Inventaren' gibt uns einen aufschlußreichen Hinweis über die Art des Tragens dieser Waffe. Der Zusatz „sambt der hülft" beweist nämlich eindeutig, daß dieser Gewehrtyp nicht wie üblich an einem Riemen oder nach Landsknechtart den vorderen Teil des Laufes in der Hand, schräg über die Schulter getragen wurde, sondern man führte diese Waffe in einer Halftertasche an der Hüfte mit sich - wie etwa eine Pistole, als deren entfernte Verwandte sie ja gelten kann. ^ Archiv der Stadt Wels, Sammlung „Bürgerinventare und Verlassenschaften". 2 I.Fasthuber-W.Riehs, Wehr und Wafifen der Welser Bürger im 16.Jahrhundert.In: 14.Jahrbuch des Muse alvereines Wels, 1967/68, 92ff. ® I. Fasthuber, Welser Bürgerinventare aus dem 16.Jahrhundert. Dissertation Wien 1966, 126 fF. ^ H. Müller, Historische Waffen. Berlin 1957, S. 102. ® Bei diesem System wird das Schlagen der Lunte aufdas Pulver nicht mehr durch den Druck der Hand oder des Zeigefingers, sondern mit Hilfe eines Federmechanismus ausgeführt. ® Inventar des Ghristoff WAISS, 1546. ^ Inventar des Christoff WAISS, 1546. 42

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2