OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 3/4

dieser Richtung aber ist das Streitgespräch des „Ackermann von Böhmen" von Johannes von Saaz (Tepl oder Schüttwa). K. Burdach nennt es „das einzige wirklich überragende Kunst werk deutscher Sprache,das die dreiJahrhunderte der Renaissance und Reformation hervor gebracht haben". Der Tod des Magisters Jan Hus leitete eine Bewegung ein, die durch Jahrzehnte auf Europa lastete und Mitteleuropa in Krieg und Elend stürzte. Auch Österreich nördlich der Donau wurde von der Kriegsfurie der Hussiten nicht verschont; viele Orte, Burgen und Klöster sanken dabei in Schutt und Asche, unter ihnen auch das Stift Waldhausen, aus dem der erste Reformator dieser Bewegung hervorgegangen war. Die Ortsbezeichnung „Tabor" bei Grein und in Ottensheim erinnert heute noch an die einstigen Wagenburgen der Hussiten. Der „Tabor" in Steyr ist nach dem biblischen Berg benannt, die Hussiten haben die Donau nicht überschritten. Das Ökumenische Konzil hat rückwirkend auch geschichtliche Urteile beeinflußt und geändert, ich verweise etwa auf Galilei, Luther u. a. Auch in der Beurteilung von Jan Hus hat sich ein großer Wandel angebahnt. Es ist vor allem der französische Forscher P.Paul de Vooght, O.S.B, aus Saint Germain-en-Laye, der die Berichte der tschechischen Forscher Kalivoda, Molnar und Macek beim Symposixun Hussianum Pragense im August 1965 zum Ausgangspunkt seines neuen Husbildes machte. — Paul de Vooghts aufsehenerregender Artikel „Jan Hus beim Symposium Pragense" erschien zugleich in der französischen Zeit schrift „Istina" in Paris und in der „Theologisch-praktischen Quartalschrift" — Linz, 1966, 2. Heft.-Paul de Vooght tritt darin vor allem drei Irrtümern entgegen: daß Hus ein Refor mator genannt wird, obzwar er die großen protestantischen Thesen nicht einmal geahnt hat; daß er in der Kirchengeschichte als Schüler Wiclifs geführt wird, obwohl er Wiclif unermüd lich im katholischen Geiste korrigiert hat,und daß er oft als fanatischer Feind der Deutschen dargestellt wird, obwohl die Tschechen seine grausamsten Feinde waren. Zur Begründung führt Paul de Vooght etwa an, daß Hus im Gegensatz zu Wiclif der sakramentalen Auf fassung des Priestertums treu blieb. Er hielt an der Form der Meßfeier fest, verwarf Wiclifs Theorie vom Fortbestehen des Brotes in der Eucharistie und bewahrte die Begriffe der Wesensverwandlung und der Realgegenwart Christi „vi verborum et per realem concomitantiam'. Mit der gesamten Sakramentallehre hielt Hus auch am Bußsakrament und an der Ohrenbeichte fest, er verteidigte den Begriff der hierarchischen Kirche, zweifelte nicht am Fegefeuer und griffauch das mönchische Leben nicht an.Er warimmer zurückhaltend gegen über den Reformisten, die ihn in Prag umgaben,wie Jakoubek,Jan Rokycana, Nikolaus von Dresden, Simon von Tisnov u. a. Paul de Vooght behauptet daher, wenn es schon vergeblich ist,in Hussens Theologie einen antikatholischen Charakterzufinden,soistesnoch vergeblicher, dort revolutionäre Ideen über den Aufbau der Gesellschaft finden zu wollen. Hus ist am wenigsten „Hussit" gewesen unter all denen, die ihm auf der Bahn des Reformismus voraus gegangensind,wieetwaauchKonrad vonWaldhausen und seinAnhang,oder die ihn begleitet haben oderihm nachgefolgtsind.NachPaul deVooght istHus1415in Konstanz durch das tra gische Zusammentreffen zweier Umstände gestorben: der erste bestand darin, daß eine Art staatliches Gericht mehr Aufmerksamkeit der revolutionären Lage schenkte, die Hus wider sei nen Willen durchseinen Kampfgegen die schlechten Prälaten geschaffen hatte, als den wirk lichen Ideen eben dieses Angeklagten. Schließlich der zweite Umstand:da man doch genaue Gründe brauchte, um ihn verurteilen zu können, nahm der Gerichtshof allzu gläubig eine gewisse Anzahl von falschen Anklagen und tendenziösen Auslegungen an und machte ihm so theologische Lehren zvun Vorwurf. Hus starb also, weil er sich weigerte, Lehren als die 37

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