OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 3/4

Auch die Raudnitzer Reformbewegung strahlte von Böhmen nach Österreich aus, wo sie im Augustinerchorherrnstift Dürnstein in der Wachau und in dem 1414 gegründeten St. Dorothea in Wien ihre Zentren fand'. Die Kirche in Böhmen war zur Zeit Kaiser Karls IV. sehr verweltlicht. Vergeblich be mühte sich ErzbischofErnst von Pardubitz,sie zu reformieren. Simonie und Pfründenhäufun gen von Pfarrern, die oft selbst keine Priester waren oder nur die niederen Weihen besaßen, nahmen unerträgliche Formen an. Trotz des ungünstigen Verhältnisses von niederen und höheren Weihen (7:1) war die Zahl der Priester allein in Prag sehr hoch, schätzungsweise gegen 1200. Karl IV.trug selbst wesentlich zur Verweltlichung der Kirche in Böhmen bei, indem er seinen Ehrgeiz dareinsetzte, ihr Glanz und Pracht zu verleihen®. Der von Konrad von Waldhausen beeinflußte Vorreformator Militsch von Kremsier rief 1366 während einer Predigt dem eintretenden Kaiser zu:„Du bist der Antichrist'!" Alle Übel aber, Bereicherung der Kirche, Veräußerlichung des Gottesdienstes, schwindende Frömmigkeit bei den Geist lichen wie bei den Gläubigen, wurden durch die Kirchenspaltung,das Schisma,noch vermehrt und gesteigert. Dies war letztlich die Ursache für die Spaltung der Prager Universität, dann der Geistlichkeit, in weiterer Folge des böhmischen Volkes,in Stadt und Land,Deutsche und Tschechen". In dieser Zeit wurde Konrad von Waldhausen aus seiner oberösterreichischen Heimat nach Böhmen gerufen, wo er als „Sprachrohr Gottes" zur wahren Frömmigkeit aufrief. Der Prager Erzbischof Ernst von Pardubitz stand schützend hinter dem Bußprediger, der mehr wirkte als alle kirchlichen Satzungen und Synoden zusammen. Selbst glühend, ent zündete er mit seinen Predigten das Feuer der Liebe zum armen und demütigen Christus. Er lehrte das Volk, trotz der äußeren reichen und mächtigen Schale der Kirche den inneren tiefen Kern des wahren Christentums nicht zu verkennen". Er predigte in Prag anfangs in der Kirche von St. Gallus und seit 1364 in der Teynkirche, der Hauptkirche Prags. „So viele Menschen" - berichtet Benesch von Weitmühl in seiner Chronik - „besuchten seine deutschen Predigten, daß er aus der Kirche hinaus aufden freien Marktzu gehen und dort zu sprechen gezwungen war ... Wucherer ließen ihre Geschäfte fahren, wenn sie die Macht seiner Predigt traf; Leichtsinnige durchschauerte sein Wort so tief, daß sie die innigste Reue ergriff. Frauen, die weite und sehr teuere Kleider aus den seltensten Stoffen getragen hatten,legten diese ab und gingeninschlichten Gewändern einher."Ein Nürnberger, der sehr viel in der Welt herumgekommen war, schrieb, daß er „niemals einen gleich hinreißenden Prediger wie Konrad von Waldhausen gehört habe"." Konrad von Waldhausen war kein Grübler und Theoretiker. Frei von dogmatischen Spitzfindigkeiten -wirkte er als praktischer Mensch. Als strenger Sittenprediger und Vorläufer von Jan Hus stand er immer auf dem Boden der Kirche, der auch Jan Hus im Innern treu blieb bis zu seinem Tode auf dem Scheiterhaufen. Es ist bezeichnend für die Stärke des Prager Deutschtums in vorhussitischer Zeit, daß die deutschen Predigten Konrads massenhaft besucht wurden. Sie riefen vor allem das Ge wissen der Prager Deutschen wach, besonders das der reichen Bürger und Intellektuellen. Die Predigten für die Studenten hielt Konrad in lateinischerSprache. Seine Predigten wurden 'Winter: S.90. ® Winter: S. 75. " Winter: S. 76. t" Berthold Bretholz: Geschichte Böhmens und Mährens. Reichenberg 1924 I. S. 205. "Winter: S. 76, 77. Benesch von Weitmühl: SS. rer. Boh. II. 403 32

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2