OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 3/4

Johann Michael Prunner für den Kaufherrn und Bankier Hieronymus Löschenkohl gebaut hat. Ein siebenachsiges, in die Tiefe verlaufendes Haus mit Sockelgeschoß und drei Ober geschossen, dreiachsigem, durch korinthische Pilaster hervorgehobenem Risalit und einem Fensteraufbau im Mansardendach, der den vertikalen Charakter des Hauses betont. Der Balkon im ersten Obergeschoß, mit kunstvollem schmiedeeisernem Gitter versehen und auf einer Platte mit vorspringender Volute ruhend, erinnert an das Starhembergsche Haus in Linz. Innen, nach dem rechteckigen kleinen Vestibül, fallt ein querovales Gewölbe, ein so genanntes Platzlgewölbe, auf, von dem das Treppenhaus im linken Hofflügel hochsteigt. So stellt man sich das Haus eines wohlhabenden, dem Neuen aufgeschlossenen Bürgers vor. Hieronymus Löschenkohl war auch einer, nur mußte er zehn Jahre nach der Vollendung des Hauses seinen Bankrott erklären. Ob er zuviel gebaut hat? Prunner hat vorher noch zwei Objekte, einen kleinen Gartenpalast und das erste Stadthaus des Bankiers, für ihn ge schaffen. Für uns ergibt sich aus dieser Bautätigkeit in Regensburg, einer gotischen Stadt, das Faktum,daß Prunner genauso wie der von ihm so hochgeachtete Lucas von Hildebrandt in Bayern österreichischen Barock zu Ansehen gebracht hat. Die Bauten für das Benediktiner kloster St.Emmeram seien diesbezüglich ein zweitesmal erwähnt.Noch eines sollte uns dabei berühren: Prunner wußte seine Meisterschaft im Bau von Adelspalästen in diesem letzten, so wundervollen Stadthaus auf die soziale Stellung eines, wenn auch reichen, Bürgers zu modifizieren. Auch darin mündet er in eine neue Zeit, die die feudale und frühkapitalistische abgelöst hat. Wie steht es aber mitJohann Michael Prunners Nachruhm in Österreich? Prunner hat — das geht sogar über die Tätigkeit Jakob Prandtauers in unserem Lande hinaus - das meiste dazu beigetragen, daß Oberösterreich eine Kulturlandschaft des österreichischen und nicht des italienischen Barocks geworden ist, eigentümlich genug, da sich doch gerade die italie nischen Barockbaumeister Oberösterreich zu ihrer Domäne ausgesucht haben. Vor Prunner waren sie jedenfalls tonangebend. Sosehr Prunner in Italien starke Eindrücke gewonnen hat, sosehr ist er nur aus der österreichischen Barocktradition zu begreifen, von Fischer von Erlach, Lucas von Hildebrandt, Jakob Prandtauer, vielleicht sogar von Joseph Munggenast her, freilich auch aus einer „linzerischen" Tradition. Georg Pruckmayr ist in diesem Zusammen hang sein Vorläufer. Leider ist diese linzerische Barocktradition weithin unbekannt. Es zählt zur österreichischen Praxis, die übrige Welt nur aufjene schöpferischen Kräfte Öster reichs aufmerksam zu machen, die entweder aus Wien stammen oder dort gelebt und ge arbeitet haben. Bis auf den heutigen Tag, durch alle Staatsformen hindurch, ist dies so ge blieben. Man findet Johann Michael Prunner auch in keinem allgemeinen Lexikon, zum Beispiel im Brockhaus.Das dürftegrundsätzlich noch daraufzurückzuführen sein,daß sich die Bundesländer bloß im lokalen Rahmen um ihre Schaffenden kümmern.Hier ist vieles nachzu holen. Die Tradition, die von diesen Schaffenden gar nicht so eng gezogen ist, wird von den Hütern derKunstund den Betreuern der Künstler in denBundesländern nur zu oft allzu eng herzig gewahrt.Der 300.GeburtstagJohann MichaelPrunners,eines Baumeisters also,der „der industriellen Massenfabrikation einen architektonischen Rahmen" in der - allerdings in diesem Gedenkjahr abgerissenen - Wollzeugfabrik zu geben versuchte, hätte gerade in unserem Zeitalter einer automatisierten Technik besonders gefeiert werden sollen. Er ist sang- und klanglos vorübergegangen. 29

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