OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 3/4

stehend,istheute durch hochgewachseneBäumenichtmehrsoweithin sichtbar, wie es in der Absicht Prunners, sie zu einem Anziehungspunkt zu machen, lag.Sie hat die Form eines Kreuzes mit einer Kreiskuppel. Das Zeichen des Heils ist also in dem Bau unmittelbar auf gegangen, wie Prunner stets solche unmittelbareLösungen bevorzugt hat, um eine Idee aus zudrücken. Er dachte eben architektonisch. Der zugrundeliegende Gedanke sollte nicht erst durch einen Kommentar erläutert werden müssen. Die Baumeister des Barocks verstanden sich darauf. Die äußere Gliederung der Kapelle rmt dem hohen rustizierten Sockel, den von ihm aufstrebenden Pilastern und den blinden, nach Guarini bezogenen Fenstern ist wiederum von einer stillen Hoheit. Die abgewalmten Dächer mit dem in ihren Kreuzungs punkt gesetzten wohlproportionierten Dachreiter bestärken diesen Eindruck ebenso wie die beiden symmetrischen Treppenarme vor dem Portal, die in leichter Drehung von der letzten Kreuzwegstation zu der einfachen, aber durch seine Rahmung hervortretenden Pforte hinaufführen. Diese Kapelle ist ein Beispiel für die Meisterschaft eines Architekten, auch ein kleines Bauwerk auf Standplatz und Umgebung abzustimmen und dadurch jene Einheit zu erzielen, die Beschauer und Natur in eins bindet. Johann Michaels Prunners Baukunst zeigt sich auch an dem Gebäude der ehemaligen Wollzeugfabrik in Linz, dessen Abtragung am 15. September 1969 vom Linzer Gemeinderat in öffentlicher Sitzung beschlossen wurde. Alle Anstrengungen, diese riesige Anlage zu erhalten, scheiterten. Der Abbruch wurde im Anschluß an diese Sitzung vollzogen. Johann Michael Prunner hat diese Wollzeugfabrik als einen Vierkanter angelegt, wie er bei unseren Klosterbauten aufscheint, eine Form, die durch Überlieferung gegeben ist und sich noch bis vor zwei Jahrzehnten als praktisch erwiesen hat. Heute, da in der Land wirtschaft der Familienbetrieb vorherrscht, ist diese Bauform nicht mehr rationell genug. Der LinzerBarockbaumeister hatin diesenseinengrößtenBauauchsakrale Motive,wiezumBeispiel den Dreieckgiebel der Dreifaltigkeitskirche in Paura, mit einbezogen. Die beiden Risalittore betonen die Wucht der Fassade, die zugunsten großer Flächen auf Dekoration verzichtet. Die Geschlossenheit des Baues geht im Blick vom Hofher deutlich hervor. Dabeihat Prunner weithin auf die technische Einrichtung der Wollzeugfabrik - seit 30. November 1722 im Besitz der „Privilegierten Orientalischen Compagnie" — Bedacht genommen. So bekamen Preß- und Manghaus sowie der Wintertrockenboden eine Warmluftheizung, wie wir sie heutzutage für Wohnungen wieder aufgreifen. Das Schloß Lamberg und die Wollzeug fabrik stehen den großen barocken Klosterbauten in Österreich künstlerisch völlig gleich wertig gegenüber. Daß dieser kunstgeschichtlich hohe Wert der Linzer Wollzeugfabrik erst recht ihre Renovierung hätte erzwingen sollen, war allerdings bei der allgemeinen österreichischen Praxis der letztenJahrzehnte nichtzu erwarten. Nur wenige Beispiele können dagegen aufgeboten werden,eines ist die Wiederherstellung desJagdschlößchens Hohenbrunn bei St. Florian in jüngster Vergangenheit. Wie steht es nun mit den rein historischen Belangen? Die Linzer Wollzeugfabrik ist der erste monumentale industrielle Bau in Österreich. Prunner hat diesen Bau für die Zu kunft geschaffen, er war ohne Zweifel ein fortschrittlieher Mann. Vermutlich wird es der Nachwelt un Hinblick auf die überheferten Zeichnungen und Bilder des Gebäudes schwerfallen, die Demolierung der Wollzeugfabrik im Jahre 1969 gutzuheißen. Alternativen für ihre Erhaltung in der Zeit einer wirtschaftlichen Hochkonjunktur Österreichs hat es gegeben. Die staatliche Denkmalpflege mit ihren geringen Mitteln ist ohnmächtig, solche allen Kunstverständigen sinnlos erscheinende Zerstörungenzu verhindern. Am Neupfarrplatz zu Regensburg erhebt sich das Löschenkohlsche Stadthaus, das 28

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