OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 3/4

beiten,als ihm das Ausmaß des Schadens geläufig war,gemeinsam mit dem Fürsten Lamberg zu dessen Bruder nach Passau begeben und dem Fürstbischof seinen größeren Plan vor gelegt hat.Joseph Domenik von Lamberg entschloß sich dann zu dem Umbau des Schlosses, der einem Neubau gleichkam. Das Zwischenspiel mit Domenico d' Angeli hat zu dem Mißverständnis geführt, daß immer wieder der Passauer Architekt als der Planer des heutigen Schlosses Lamberg an gesehen und Johann Michael Prunner lediglich als dessen Ausführender oder Bauleiter be zeichnet wurde. Auch Anton Rolleder schreibt in seiner „Heimatkunde von Steyr"®: „Die Pläne zur Wiederherstellung des Schlosses rührten von Domenico d' Angeli, Architekt in Passau, her, die Ausführung des Baues hatte jedoch der Linzer Baumeister Johann Michael Prunner erhalten." Noch das Dehio-Handbuch Oberösterreich, dritte, neubearbeitete Auflage 1958, übernimmt diese Ansicht. Inzwischen hat Bruno Grimschitz, gestützt auf historisches Material und Stilvergleiche, Plan und Durchführung des Baues durch Prunner einwandfrei nachgewiesen'. Schloß Lamberg, im gegenwärtigen Zustand nur noch nach außen der von Prunner erstellte Bau, trägt unverkennbar die Art des oberösterreichischen Barockmeisters zur Schau, insbesondere steht Prunner hier wieder in der Nähe seines „Lehrers" Lucas von Hildebrandt. Aber auch manche eigene Kühnheit tritt da vor uns hin wie zum Beispiel der zieratlose Bogengang über den ehemaligen Bärenzwinger und späteren Tier- oder Hirschgarten mit dem abschließenden offenen und ausnahmsweise kreisrunden Rondell gegen den Park des Schlosses hin, der seit 1919 der Öffentlichkeit zugänglich ist. Hier ist allerdings zu bemerken, daß Prunner, ein Meister im Zusammenfügen ver schieden hoher wie wesensverschiedener Bauwerke zur schönen architektonischen Einheit, in der Ellipse eine auch in der Baukunst nieht zu übergehende geometrische Figur erkannt hat. Daraus erschließt sich für uns Nachgeborene eine Kenntnis der Natur bei diesem großen Baumeister, die er wahrscheinlich nur gefühlsmäßig in sich hat aufnehmen können. Denn diese Erkenntnisse datieren erst aus unserem technischen Jahrhundert. Wir haben zwar kreisrunde Rohre, durch die wir das Wasser leiten, und gezwungenermaßen muß sich der Wasserstrahl daran halten. In der freien Natur - und die Natur ist ungeteilt, man denke an die elliptischen Bahnen der Planeten, die der Oberösterreich so nahestehende Johannes Kepler errechnet hat, oder auch an die Elliptizität der Erde - herrscht aber das Gesetz von der elliptischen Form. Andererseits kann sich die Kunst in ihren Formen gegen die Natur stellen. Insofern erscheint bei diesem Baudetail am Schlosse Lamberg zu Steyr ein Ausgleich zu walten.Durch die Ausbuchtung des Rondelltorgemäuers in der Schloßmauer, also ein konvexer Baukörper in der Flucht der äußeren Grenzlinie, taucht wieder-wenig stens andeutungsweise-derovale Raum auf,denPrunner liebt. HätteJohann MichaelPrunner nur dieses, gegenüber dem wuchtigen Bogengang so dekorative Rondell gebaut, dabei bedacht, ihm auch auf der anderen Seite Schutz gegen das Außen zu geben, so müßte er schon deshalb in der Reihe der großen Barockbaumeister stehen, wie er durch die Fülle seiner Bauten in ihr weiterlebt. Im ganzen gesehen, ist auf die gigantische Dreiecksform des Schlosses zu achten, die überhaupt eine beliebte Form der Aristokratie gewesen sein dürfte, vor allem wenn man die Plätze des Adels von einst betrachtet. So ist auch der frühere Platz des Adels in Linz, der 'Anton Rolleder, Heimatkunde von Steyr (Steyr 1894), S. 130. • Bruno Grimschitz, ebd., S. 76-80. 26

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