OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

bei der Aufnahme von mittelalterlichen Burgen in Oberösterreich anstellen konnte, ergaben überraschende technische und maßstäbliche Übereinstimmungen mit der Fundamentierung der Mauern in bekannten Burgen wie Klingenberg und Lobenstein, die erkennen lassen, daß hier wie dort nach denselben Methoden gearbeitet wurde.Die Tatsache,daß die Funda mente zwar sehr gründlich ausgeführt, der Bau selber aber niemals vollendet wurde, zeigt, daß den Sagen um den vereitelten Kirchenbau um Eibenstein ein historisches Ereignis zugrunde liegt. Aus der verfolgbaren Treppenflucht läßt sich sogar der Verlaufder geplanten Baulichkeit (s. die Ausführungen und die Pläne von W. Obergottsberger) erkennen, doch ist aus den ermittelten Grundrissen nicht mit Sicherheit festzustellen, ob ein sakraler Bau, eine fortifikatorische Anlage oder, was am wahrscheinlichsten ist, eine Kombination von beiden, hätte errichtet werden sollen. Mit gewissen Einschränkungen läßt sich aber aus den Übereinstimmungen der technischen und der Maßverhältnisse mit den genannten Burgen ablesen, daß die Fundamentierungsarbeiten aller Wahrscheinlichkeit nach in der Zeit zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert durchgeführt wurden. Das ist aber bezeichnender weise dieselbe Zeit, in der die damals bereits bestehende kleine Peterskapelle auf dem soge nannten „Heiligen Berg" in Rainbach, auf den der Sage nach das von Eibenstein entführte Baumaterial verbracht wurde, zur Pfarrkirche umgebaut worden ist. Fragen wir nach den möglichen Gründen, warum am Heidenstein um diese Zeit ein so aufwendiges Bauwerk begonnen, das nach enormem Arbeitseinsatz wieder aufgegeben wurde, so bietet sich die Überlegung an, daß man nach Überantwortung des Gebietes an das Kloster Hohenfurt mit der Liquidierung einer offenbar im konservativen Heidentum verharrenden Insel rings um den Eibenstein begonnen hat. Kristallisationspunkt des Wider standes scheint der seit alters religiös gewertete Felsblock des Eiben- oder Hohen Steines gewesen zu sein, der aber, gemäß einer bereits von Papst Gregor I. um 650 empfohlenen Methode nichtzerstört,sondern nur umgewandelt werden sollte, um dadurch die traditionelle sakrale Substanz der Örtlichkeit zu erhalten und die Bevölkerung so eher an die neue christ liche Sinn- und Formgebung zu gewöhnen®". Als Mittel hiezu scheint man die Überbauung der vorchristlichen Kultstätte in der Art in Betracht gezogen zu haben, wie dies etwa in der Wallfahrtskapelle im festen Schloß zu Taufers in Südtirol, oder aus späterer Zeit in den Kirchen Sonntagberg, Maria-Taferl, Maria-Schnee und noch in jüngerer Zeit in MariaRast in Helfenberg und Maria-Fatima bei Schardenberg geschehen ist. Alle diese Gottes häuser wurden über einem einst verehrten Steinmal errichtet, wobei diese Steindenkmäler mitunter, wie in Maria-Rast und Maria-Schnee®"^, direkt mitten in den Kirchenraum mitGregor d. Gr. 540-604(M.Buchberger, Lex. f. Theologie u. Kirche.IV.660). In seinem Schreiben an den Missionar der Briten Augustinus (via Abt Melittus) empfiehlt der berühmte Papst, sich bei der Errichtung von Kirchen daran zu halten, weiterhin brauchbare Kultstätten der Heiden (fana idolorum) nicht zu zer stören, sondern sie„vom Dämonenkultzum Dienst des wahren Gottes umzuwandeln (necesse est, ut a cultu daemonum in obsequium versi Dei debeant cummutari), damit das Volk, wenn es sieht, daß seine Heilig tümer nicht zerstört werden, von seinem Irrtum läßt und, den wahren Gott erkennend, umso vertrauter sich an den gewohnten Orten versammelt" (ad loca, quae consuerit familiarius concurrat). Ja, man solle sogar die christlichen Zeremonien den lokalen Bräuchen angleichen, „Weil man bei Götzenopfern viele Tiere zu schlachten pflegt, muß ein solches Fest in ein anderes umgeformt werden. Die Neubekehrten sollen also an Kirchweihtagen oder an Festen der hl. Märtyrer, deren Reliquien in den Kirchen beigesetzt sind,im Umkreis jener Gebäude, die aus Götzentempeln in Kirchen verwandelt wurden, aus Baumzweigen Hütten her richten und ein Fest mit religiösen Zeremonien („Gelagen") begehen. Sie werden damit nicht weiter dem Teufel (!) Tiere opfern, sondern diese Tiere zur Ehre Gottes für ihre Mahlzeiten schlachten und dem Geber alles Guten bei ihrer Sättigung danken. Denn man kann offenbar den harten Herzen unmöglich alles auf einmal abschneiden und wer den höchsten Grad (der Gottesverehnmg) zu ersteigen sich bemüht, muß stufenweise. Schritt um Schritt, nicht aber sprunghaft emporgeführt werden"(cit. nach Stumpfl, a. a.O.,93). Weitere Beispiele für die sichtbare Einbeziehung von alten Steinmalen sind u. a. zu sehen in der Pfarrkirche St. Wolfgang am Abersee, in der St. Wolfgangkapelle am Falkenstein bei St. Wolfgang, in der Kirche von 90

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