OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

gegangenen ethnologischen Forschungen von H. Schurtz") von L. Weiser, O. Höfler, R. Stumpfl und H. Wackernagel" nachgewiesen wurden. Stets handelt es sich dabei um Institutionen von Altersklassen oder Männerbünden, die in Masken die verstorbenen Vor fahren der jeweiligen sozialen Gemeinschaften verkörpern, die Kerntruppen der Bewaff neten eines Stammes sind, die Pflege der Rechts- und Kulturtraditionen zur Aufgabe haben und zu gewissen Zeiten ein (beschränktes) Raub- und Plünderungsrecht üben. Daß der artige Verbände im Bereich der nördlich der Donau gelegenen Landschaften im heutigen Österreich zur Zeit der Völkerwanderung, genauer um 480 nach Chr., existiert haben, bestätigt eine Notiz in der Vita Severini, in der Eugippius, der Biograph des Heiligen, darüber berichtet, daß eine „räuberische" Gruppe von Germanen aus dem Nordufer der Donau über den Fluß gekommen sei und einige Menschen entführt habe. Der lateinisch schreibende Autor sagt, daß man diese Schar „scamarae" genannt habe", was er allerdings allem Anschein nach als eine Stammesbezeichnung und nicht als den Namen einer Insti tution aufgefaßt hat. Denn der Name ist in Wirklichkeitidentisch mitjenem Wort„Scheme", das sich in der Bedeutung „Seele", „Seelenerscheinung"" bis in den heutigen Sprachge brauch erhalten hat und in der Darstellung dieser Seelenwesen im Maskenbrauch noch fortlebt im spätmittelalterlichen (Nürnberger) „Schembartlaufen"^", im rezenten schwei zerischen „Tschämele"''^ und schließlich im österreichischen (Westtiroler) „Schemenlaufen", das in seinem winterlichen Aufzug dem im östlichen Tirol sowie in den anschließenden bayrisch-österreichischen Alpengebieten bekannten „Perchtenlaufen" und den noch im 18. Jahrhundert aus Salzburg, Oberösterreich und Bayern bekannten Rügegerichten des „Haberfeld-" und „Kühtreibens" entspricht, bei denen ebenfalls terroristisch auftretende Maskierte zum Teil mit schreckerregenden großen Tierhäuptern erschienene^. Erinnern wir uns im Zusammenhang mit dem sagenhaften Eingreifen von Maskierten mit Tierhäup tern aber auch der Tierkopfhelme der mittelalterlichen und frühen neuzeitlichen Rüstungen, deren sich auch Angehörige des höchsten Adels bedienten,so verdichtet sich unsere Annahme, daß es sich bei diesen Überfallen auf die unerwünschten Kirchenerbauer in Eibenstein um Mitglieder eines organisierten Kriegerstandes handelt, fast zur vollen Gewißheit^'. Und das "H. Schurtz, Altersklassen und Männerbünde. 2. Bde. Berlin 1902. "L. Weiser, Altgermanische Jünglingsweihen und Männerbünde. Ein Beitrag zur deutschen und nordischen Altertumskunde. Bühl 1927; O. Höfler, Kultische Geheimbünde der Germanen. Frankfurt a. M. 1934; R.Stumpfl, Kultspiele der Germanen als Ursprung des mittelalterlichen Dramas.Berlin 1934;H.G.Wacker nagel, Altes Volkstum der Schweiz. Basel 1959. "Eugippius, Das Leben des hl. Severin. Herausgegeben von R.Noll. Linz 1947. Cap. X (S.86) berichtet, daß ein von Severin „aus den Händen der Barbaren" losgekaufter Mann namens Maurus von einer Schar räube rischer Germanen,die über den Strom aufdas Südufer der Donau gekommen waren,entführt wurde.Severin handelte rasch: quo nusquam reperto ipse quantocius Histri fluenta praetermeans latrones properanter insequitur, quos vulgus scamaras appellabat (als man diesen nirgends fand, überquerte er selbst unver züglich den Donaustrom und ging den Räubern nach, die das Volk Skamarer nannte). Der mutige Heilige hatte Erfolg:„unterdemEindruckseiner ehrfurchtsgebietendenErscheinunggabendiesedemütigdie Gefangenen (also wohl eine Mehrzahl?) heraus." "s. Fr. Kluge, Etym. Wb. d. deutschen Sprache. Berlin 1963, 513; A. Schmeller, Baierisches Wb. Neudruck 1939, II,418 ff.; Stumpfl, a. a. O. 27 f. Zum Schembartlaufs. Schmeller, a. a. O.; Fr. Brüggemann, Vom Schembartlaufen. Leipzig 1936; A. Dörrer, Tiroler Fasnacht innerhalb der alpenländischen Winter- und Vorfrühlingsbräuche. Wien 1949. "Schweiz. Schämeler-Vermummter, Tschärmneler: Wildmannsmaske. Stumpfl, a. a. O. 279. Zum Perchtenbrauch s. u. a. M. Andree-Eysn, Die Perchten im Salzburgischen. Arch. f. Anthropologie NF III (19/5), 2. ff.; dies.. Volkskundliches aus dem bairisch-österreichischen Alpengebiet. Braunschweig 1910, 156 ff.; A. Dörrer, a. a. O.; Fr. Prodinger ,Beiträge zur Perchtenforschung. Mitt. d. Ges. d. Salzburger Landeskunde Bd. 100 (1960); H. Zimburg, Der Perchtenlauf in der Gastein. Wien 1947. Zu Herkunft und Verbreitung des Motivs s. W. Liungman, Traditionswanderungen Euphrat-Rhein. Studien zur Geschichte der Volksbräuche. Helsinki 1938, Cap. XIX ff. "Es kann nicht Aufgabe dieser Ausfühnmgen sein, auf Wesen und Wirkung der Maske z. B. hinsichtlich der 86

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