OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

wenn es bis zur Sohle ausgeschöpft wird, soll sich in diesen Steinwannen nach wenigen Stun den das Becken selbständig wieder füllen. Es ist unverkennbar, daß diese Schalen ihre Form der natürlichen Erosion verdanken, wenn auch nicht in Abrede gestellt werden soll, daß bei manchen von ihnen menschliche Tätigkeit in der Formgebung und Vertiefung etwas nachgeholfen haben kann^''. Die meisten dieser steinernen Wannen stehen mit gewissen Überlieferungen des Volks glaubens in Verbindung. Man benützt sie zum Regenzauber^® oder erzählt, daß die Heilige Familie auf ihrer Flucht nach Ägypten auch durch diese Gegenden gekommen sei und an diesen Steinen gerastet habe, wobei Maria das Jesuskind in der Steinmulde gebadet habe, weshalb dem darin stehenden Wasser mitunter auch Heilkraft zugeschrieben wird^^. Vom Heidenstein bei Eibenstein wird von derartigen Handlungen und Legenden nichts berichtet. Man hält die Schalen, möglicherweise angeregt durch die Vermutungen der ersten Beschreibet, für „Blutschüsseln"^®, in die „heidnische Priester" das Blut der Opfer tiere hätten fließen lassen. Allein die beengten, noch dazu durch den tiefen Spalt zwischen Block I und II beeinträchtigten Raumverhältnisse des nach allen Seiten jäh und senkrecht abstürzenden Plateaus machen es sehr unwahrscheinlich, daß diese Felspartie jemals Schau platz von feierlichen Handlungen in Anwesenheit einer größeren Volksmenge gewesen seien, so daß der Gedanke an Opferungen zumindest größerer Tiere nur mit gebotener Vorsicht erwogen werden soll. Anders steht es indes um die Volksmeinung, daß die Schalen zur Fundamentierung von Säulen ausgemeißelt worden seien, die man als Stützen eines Bauwerkes bei Errichtung einer Kirche während oder nach der Christianisierungszeit auf dem schmalen Plateau des Heidensteines benützen wollte. Damit beflnden wir uns aber auch bereits in der Behandlung der volkskundlich interessantesten Teile der Sagenüber lieferungen, mit denen das Volk die eigenartige Felsgruppe in Eibenstein ausgezeichnet hat. zu ihrer Einbeziehung in den Kapellenraum ständig mit Wasser gefüllten Schalen in „Maria Rast" bei Helfen berg seither vollkommen trocken sind, doch werden sie jetzt von der wallfahrenden Bevölkerung zugunsten einer einige hundert Meter davon entfernten Quelle („Beim Heiligen Wasser") kaum mehr beachtet. Zur Lit. über dieses Thema wird außer auf Kießling, a. a. O. und Caminada, Die verzauberten Täler, Ölten 1962, 134 ff. aufL. Rütimeyer,Urethnographie der Schweiz. Basel 1924,368 ff., L.Schmidt, Mulden,Kreuze und Schuhsohlen, und O. Gödel, Die „Suppenschüssel" in Erlenbach. Beide in: Pfälzer Heimat XVIH, Speyer 1967), 101 ff., 107 ff. und vor allem auf das im Erscheinen begriffene monographische Werk von H. Liniger, Basel 1969) und das dort verzeichnete Schrifttum verwiesen. H.Liniger, der zweifellos beste Fachmann auf diesem Gebiet, unterscheidet zwischen den durch Erosion entstandenen und dann ev. von Menschenhand etwas bearbeiteten „Wannen" und den künstlich hergestellten „Schalen" oder „Schälchen". Zur ersten Gruppe gehörenim o.ö. Mühlviertel alle bisher bekannt gewordenen „Schalensteine", also auch die aufdem Eibenstein; von der zweiten Gruppe gibt es in Oberösterreich nur das einzige Beispiel in dem Ensemble von „Näpfchen" auf dem Bildfelsen XH des Felsbildergebietes am Warscheneck (Burgstaller, Felsbilder usw., Abb. 26). Noch 1968 erzählte der Besitzer des „Frauensteines" bei Grein dem Verf., daß dann, wenn durch lange Zeit hindurch kein Regen gefallen war, seine Eltern ihm und seinen Geschwistern aufgetragen haben: „Geh zan Fraunstoa schöpfa!". Dann mußten sie das gesamte Wasser aus der knietiefen Wanne sorgfältig ausschöpfen. Merkwürdigerweise sei dann regelmäßig der ersehnte Regen, meist unter Gewitterbildung, eingetreten. - Derartige „Regenlöcher" kennt man übrigens in Oberösterreich auch im Gebirge. So liegt im Bereich des Hirschwaldsteines ein Steinblock,der immer Wasserführt. Der Überlieferung nach soll ein Gewitter entstehen, wenn man in dieses „Loch" einen Stein wirft (frdl. Mitt. Frau Dir. H. Wittmann). "s. die Sagen, die mit einzelnen Schalen verbunden sind, bei KießUng, a. a. O. und A. Depiny, Oberöster reichisches Sagenbuch. Linz, 1932, 350. Während K.Jaeckl, Vom Eibenstein, die Bedeutung der Schalen so formuliert: „die eine Schale zeigt eine fast kreisrunde Gestalt, sie möge als Blutschüssel bezeichnet werden", weisen Amann und Kießling auf die ungebrochene Ortsüberlieferung über die Funktion des Eibensteins als Opferstätte im Zusammenhang mit diesen Schalen hin. Nach Kießling, a. a. O.69,„erzählte noch in unseren Tagen (1897) ein alter Mann,daß er von seinen Großeltern gehört habe, daß auf dem Eibenstein einst den alten heidnischen Göttern geopfert worden sei". Amann stellt weiter fest,„daß die ältesten Leute in Eibenstein behaupten, man habe den Eiben stein seit Menschengedenken für eine altheidnische Opferstätte gehalten" und weist auf Parallelen hin, die in dem dem Verf. bisher nicht zugänglichen Artikel von Kaiin, Böhmens heidnische Opferplätze, angeführt seien; nach Amann wurde „in Böhmen noch 1125 auf Bergen geopfert". 83

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