OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

im Jahr dicht mit frischem Astwerk zur Herstellung prächtiger Laubhütten behängt werden, wenn sich zur Zeit der Sommersonnenwende die Bevölkerung der ganzen Umgebung hier zur Abhaltung eines großen Sommerfestes zusammenfindet. Bier, Brot und Fleischwaren werden ausgegeben, während auf einem eigens hiezu angelegten, ebenfalls direkt an den Fels angebauten Podium die Musikkapelle aus nah und fern ihre Weisen ertönen lassen. Schon die äußere Form der Gesteinsgruppe zeigt, daß wir es beim Hohen oder Heiden stein nicht mit einem gewöhnlichen Ensemble von Granitblöcken zu tun haben, wie sie im Mühl- und Waldviertel zu Tausenden anzutreffen sind: denn der vorderste, im Süden stehende, sich unmittelbar aus dem flachen Acker erhebende Felsturm^® gleicht, wie dies der bedeutende Erforscher der germanischen Altertümer und der germanischen und kelti schen Religion Univ.-Prof. Dr. Jan de Vries, Utrecht, bei seinen wiederholten Besuchen des Eibensteins immer wieder betont hat, in auffallender Weise einem riesigen Phallus, mit dem ein spaltartiger Gang, der sich tief in den Felsen hineinzieht, korrespondiert Dieser Felsturm weist außerdem, wie wir aus Beobachtungen von Herrn Oberamtmann K. Wagner wissen, ein akustisches Phänomen auf, in dem selbst in gedämpftem Tonfall auf seinem Plateau gesprochene Worte noch auf dem etwa 70 Meter entfernten Waldrand jenseits der „Festwiese" in voller Deutlichkeit verstanden werden können. Das Merkwürdigste an der ganzen Anlage ist, was auch bereits die ersten Beschreiber des Heidensteins mit allem Nachdruck hervorgehoben haben, daß alle Teile der Felsgruppe bis hinauf zu den höchsten Stellen und selbst die vollkommen unzugänglichen senkrechten Abstürze mit verschieden großen Treppen versehen sind. Es ist unverkennbar, daß sie von menschlicher Hand angebracht und mit großer Kunstfertigkeit nach einem bestimmten System aus dem Fels herausgemeißelt wurden^'. Die auffalligste Stufenanlage steigt von dem Acker-Wiesenplan amphitheatralisch an, ohne etwa als Sitzfläche für einen größeren Zuschauerkreis geeignet zu sein^®, und führt in Form einer zyklopischen Stiege^' zu einem ebenfalls abgetreppten Plateau empor, von dessen windumflogener Höhe man einen groß artigen Fernblick genießt. Überspringt man einen ungefähr dreiviertel Meter breiten Spalt, der den ersten Block von ihm trennt, gelangt man auf das Plateau des zweiten Felsens, in dem die schon erwähnten Schalen eingetieft sind®". Der Lokaltradition nach steht in ihnen, wie dies übrigens auch von anderen derartigen „Schalensteinen" im Mühl- und Waldviertel behauptet wird", stets Wasser, das auch an heißesten Sommertagen nicht verdunstet. Selbst Dieser Felsturm ist identisch mit dem als Block VI in der Kartenskizze von K. Wagner imd dem als Kote 735,38 in dem Plan von W. Obergottsberger eingetragenen Objekt. "Im Plan von W. Obergottsberger bezeichnet als „Enge Gasse". Als Parallelen dazu könnten u. U. die be rühmten engen Passagen an div. Kultstellen wie etwa beim Durchkriechstein im Felsbildergelände am Warscheneck (s. E. Burgstaller, Felsbilder und -Inschriften im Toten Gebirge, Linz 1961, Abb. 3, 4),beim sogen. „Buckelwehstein" in St. Thomas a. Blasenstein oder in der St. Wolfgang-Kapelle am Falkenstein in Betracht gezogen werden. Die „Enge"am Eibenstein ist nicht zu verwechseln mit dem aufdem Plan Obergottsbergers als „Durchgang" bezeichneten Weg unter den sich überdachenden Felsen II und III und der tektonischen Spalte zwischen I und II (s. u.). Über diesen Durchgang, den die älteren Autoren als „Gelaß" bezeichnen, stellen einige von ihnen, vor allem K.Jaeckl, div. Hypothesen auf, in denen sie seine Verwendung als „Ge fängnis oder als Aufbewahrungsort für Opferschalen, Felszeichen u. a."für möglich halten (??). "Zur Beschreibung und zu allen Maßangaben zu den Stufungen s. die technischen Zeichnungen und Aus führungen von W. Obergottsberger in diesem Heft. »8 s. Abb. 4-6. "s. Abb. 1. 8" Diese „Schalen" wurden von allen bisherigen Beschreibern ausführlich,jedoch nur mit ungefähren und daher voneinander abweichenden Maßangaben gewürdigt. Über die tatsächlichen Größenverhältnisse s. W. Ober gottsberger, a. a. O. 81^ z. B. vom „Bründlstein" bei Oberpeilstein,„Frauenstein" bei Grein ,„Marienstein" bei Rappottenstein (Wald viertel) usw. Siehe auch die div. Beschreibungen bei Fr. Kießling, a. a. O. Auf welche Weise das Wasser in diesen Schalen zutage tritt, ist noch nicht befriedigend erklärt. Jedenfalls ist aber bemerkenswert,daß die bis 82

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