Neben dem aus altem Erbe übernommenen Sagengut finden wir vieles, was seit langer Zeit aus der durch aus fremdartigen Welt des Alten Orients über Osteuropa nach dem Norden imd über das Mittelmeer zuerst zu Hellenen und Italikern gedrungen ist. Der Zauber- und Hexenglaube erhält dann im Zeitalter der Hexen prozesse begreiflicherweise besonderen Auftrieb und wird nait vielen greulichen Zügen ausgestattet. Das 19. Jahrhundert bringt neben der Erschließung echter Volksüberlieferung eine Vorliebe für sentimental-schau rige sogenannte historische Sagen, deren Geschmacksrichtung bis heute ihre Nachahmer gefunden hat. Der „Sagenheld" verhält sich durchaus nicht immer vorbildlich, was für den Märchenhelden doch viel öfter zutrifft. Das Gesichtsfeld der Volkssage ist gegenüber der nur literarisch überlieferten Götter- und Helden sage eingeschränkt aufdie bekannte Umgebung.Diese wird jedoch von der Volkssage belebt und ausgeschmückt und stärkt ihrerseits wieder die Kraft der mündlichen Weitergabe. ') Adalbert Depiny, Oberösterreichisches Sagenbuch, Linz 1932. HelmutFielhauer,Sagen aus der Sammlung Alois M.Wolfram, Scheibbs. Veröffentlichimgen desInstituts für Volkskunde der Universität Wien, Band 1, Wien 1966, S. 117 ff. ') Richard Beitl, Im Sagenwald. Neue Sagen aus Vorarlberg, Feldkirch 1953, S. 344. *) Paul Schlosser, Bachem-Sagen. Volksüberliefemngen aus der alten Untersteiermark, Wien 1956. Sagen aus dem Glödnitztal. Gesammelt von Matthias Maierbrugger,herausgegeben und erläutertvon Oskar Moser,Kärntner Museumsschriften,Band XVII,Festgabefür Georg Graber, Klagenfurt 1957,S.40ff. ®) Karl Haiding, Österreichs Sagenschatz, Wien 1965. Anmerkungen Vorbemerkung. Die Anmerkungen sind auf den allgemeinen Leserkreis abgestimmt, dem diese Sammlung übermittelt werden soU. Sie halten sich dementsprechend zumeist in engeren Grenzen und berücksichtigen nur eine kleine Auswahl der ins Unermeßliche wachsenden Literatur. Wer sich eingehender mit der Volkssage beschäftigen will, findet jedoch genügend Hinweise. 1. Die Wetterglocke von Unterafifioang, Altenhof am Hausruck. Gewährsmann: Altgärtner Franz Iglseder, Affnang. Glocken zu kultischen Zwecken (Herbeirufung der Gottheit in die Tempelstatue) kannte der Alte Orient schon vor Jahrtausenden. In Indien ist Glockenläuten beim Beten im 2.Jahrhundert bezeugt, für das Christentum - zuerst im Orient-im 4. Jahrhundert. In der christlichen Welt hat das Glockengeläute besondere Bedeutung für die Abwehr des Teufels und der Hexen, besonders der Wetterhexen, gewonnen, wie wir auch unserer Sage entnehmen können. Der Teufel herrscht nach Apostel Paulus als Fürst dieser Welt in der Luft und erregt nach weit verbreitetem Glauben Hagel und Stürme. Diese Tätigkeit wird auf die mit ihm im Bunde stehenden Hexen übertragen. Das Läuten geht für die den Schadenszauber Ausübende manchmal übel aus, wie wir A.Depiny,Oberösterreichisches Sagenbuch, Linz 1932, S. 178, Nr. 120, entnehmen können. Der Teufel mahnt die Hexe zur Eile, doch ertönt rechtzeitig die Glocke, und die Unholdin stürzt aus den Wolken zu Tode. Derartige Vorstellimgen sind vor Jahrhunderten durch die Folter dem Volke aufgezwungen worden. Im Jahre 1677 wurde in der Untersteiermark auf Grund einer Anzeige wegen Schadenszaubers eine Frau ver haftet, die der Landgerichtsverwalter aber wieder frei ließ. Er erhielt deshalb einen Verweis, und die Unglück liche gestand nach grausamer Folterung,daß sie nach einem Unwetter aus der Luft zur Erde gefallen sei. Darauf hin wurde sie als Hexe verbrannt. Haare finden sich angeblich oft in den Hagelschloßen als Beweis von Hexerei. Nach einer Tiroler SageJ. v.Zingerle,Sagen aus Tirol, 1891,Nr. 791, rettet ein Jäger den Ort Schwaz,indem er eine geweihte Kugel gegen das Wetter abschießt. Es fällt eine Hexe tot herab.Vgl. F.Byloff, Hexenglaube und Hexenverfolgung in den österr. Alpenländern, Berlin und Leipzig 1934.K.Haidin g,Österreichs Sagen schatz, Nr. 80, Arim. P.Sartori,Glockensagen und Glockenaberglaube, Zs. f. Vkd.8,S. 29 ff. A.Perkmann, Artikel „Glocke"im HDA.(Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens),Bd.III,Sp.866-867.Hagemann, Art. „Hagelzauber", HDA. III. Zum Motiv „Wetterhexe" siehe auch Sage Nr. 62. 2. Das Beutelweibl am Kirchensteig. Gewährsmann Franz Iglseder, Affnang. Eine der zahllosen kurzen Spukgeschichten. Ein Dämon hält sich an einer bestimmten Stelle auf, wo er die Vorübergehenden schreckt, belästigt oder gefährdet. Der Vorgang spielt sich zumeist nachts ab tmd ist von kurzer Dauer. Siehe Mengis, Art. Geist, HDA. III, und Spuk, HDA. VHI. 3.Die Ahnfrau von der Ziegelroith.Bergmann Karl Obermaier;Atzbacher Schulchronik(= Depiny, S. 105, Nr. 155). Tote erscheinen der Sage nach oftmals zur bestimmten Zeit an ihrem Sterbeort. Die Erlösung einer Verwunschenen ist fast stets an bekannte oder unbekannte Bedingungen (z. B. Verbot, zu sprechen oder sich umzusehen, Gebot, die richtige Forderung zu stellen) geknüpft. Während der Märchenheld nach dem Mißglücken des ersten Versuches oder nach dem Verluste der schon gewonnenen Gattin zu neuen Taten aus zieht und alles zu einem guten Ende führt, bricht die Sage nach dem Fehlschlage ab und endet tragisch. Vgl. Mengis a. a. O. Sehr häufig mißglückt die Erlösung, weil sich der Ausersehene fürchtet, z.B.auchDepiny, S. 106, Nr. 158 f. Er sollte die Jungfrau selbst wählen (Zingerle, Nr. 527), nimmt die angebotenen goldenen Nüsse nicht (Zingerle, Nr. 532). Als einzige Hoffnung erscheint in verschiedenen Sagen der „Erlöser in der Wiege": Es wird ein Baum heranwachsen, sobald dieser stark genug ist, wird man aus dem Holze eine Wiege zimmern, das Kind, das darin gewiegt wird, ist der ersehnte Erlöser. 4.Das Moosmandl.Depiny, S.42, Nr.77. Mitgeteilt von ö.Schmotzer,Wels. Altenhofam Hausruck Moos-, Mias-, Sumpfmandl. Nicht einmal eine episodenhaft gekürzte Handlung ist überliefert. Das wäre Anlaß, in der Gegend genauer nachzufragen, ob sonst nichts bekannt ist oder vielleicht etwa ähnliches wie von den Berg- oder Waldmandln erzählt wurde. 5.Der Urhamer Steinhaufenberg. Mitt. Walburga Vocelka und Anneliese Neulentner,Ampflwang. Steinhaufen entstehen wie das Auftürmen von Reisighaufen mitunter aus kultischen Anlässen, wenn z.B. Wall fahrer zu Heiligtümern Steine tragen. Das schönste und bekannteste Beispiel hiefür ist der Steinhaufen beim 63
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2