solang bestimmte Kräuter unter das Hühnerfutter mischen ließ. Von dieser Zeit an legten die Hühner wieder wie vorher. 64. Der Hafner-Tonerl in Ungenach war ein weithin gefürchteter Dieb und Räuber. Unvermutet brach er mit seinen Gesellen bald da und bald dort ein. Aber niemals gelang es, seiner habhaft zu werden. Einmal traf er auf einer Waldblöße ein Weiberl und schickte es zum Grafen nach Wolfsegg mit der Botschaft, der Hafner-Tonerl sonne sich gerade und sei zu faul zum Aufstehen. Wenn man ihn fangen wolle, sei es jetzt leicht. Man solle aber feste Stricke mitnehmen, denn er habe schon ein paarmal seine Fesseln zerrissen. Wirklich zog, als die Kunde ins Schloß kam, der Graf mit seinem ganzen Aufgebot aus, um den Hafner-Tonerl zu fangen. Aber er suchte und suchte vergebens. Dafür mußte er erleben, daß sein Schloß ausgeraubt war, als er abends zurückkam. Der Hafner-Tonerl hatte die Gelegenheit wohl genützt. 65. Der Lehnlbauer in der Waldpoint Bevor die Kirche in Zell am Pettenfirst gebaut wurde, mußten die Bewohner nach Ungenach zum Gottesdienst gehen. Der Lehnlbauer in der Waldpoint hatte es durch Fleiß und Glück zu Ansehen und Wohlstand gebracht und konnte es sich sogar leisten, die Kirche von Ungenach aufseine Kosten ausmalen zu lassen. Dafür mußte man aber auch mit dem Zusammenläuten bei den Gottesdiensten an Sonn- und Feiertagen warten,bis der Lehnl bauer angeritten kam und in die Kirche ging. 66. Die Riesen am Burgstall bei Zell am Pettenfirst Als man in Zell daranging, der Jungfrau Maria eine Kirche zu bauen, war alles, was feste Wagen und starke Arme hatte, fleißig am Werk. Besonders die Steinmetze arbeiteten fleißig im Burgstall, um die schönen Steine für das Mauerwerk der Kirche zu brechen. Aber jedesmal, wenn das schwere Baumaterial auf den Bauplatz gebracht worden war, verschwand es aufgeheimnisvolle Weise wieder während der Nacht und fand sich am Morgen wieder an der Stelle am Burgstall, wo man es gebrochen hatte. Man konnte sich dies nicht erklären, bis man darauf kam, daß das Ganze ein Werk der Riesen war, die in den Höhlen und Spalten des Burgstalls hausten und nicht dulden wollten, daß man das Gestein aus ihrem Bereich entführt. Erst als man sich entschloß, die Steine aus einem anderen Steinbruch zu holen, blieb das Material auf dem Bauplatz und die Arbeit ging flink und glatt vor sich. Von der Zeit an soll man auch keinen Riesen mehr zu Gesicht bekommen haben. 67. Die vertauschten Baupläne Alte Leute in der Gegend von Zell am Pettenfirst meinen, daß den Zellern bei der Erbauung ihrer Kirche ein besonderes Glück widerfahren sei. Und das kam so: Die Kirchen bauten in Zell und in Neukirchen an der Vöckla sollten zur gleichen Zeit begonnen werden. Die von Neukirchen wollten ein stattliches Bauwerk haben, für die von Zell aber war ein wesentlich bescheideneres Gotteshaus vorgesehen, wie dies der Armut des Ortes gegenüber dem reichen Neukirchen auch entsprach. Als aber der Tag des Baubeginnes herankam, soll der Baumeister, der beide Bauten zugleich ausführen sollte, aus lauter„G'schaftigkeit" die Baupläne der beiden Kirchen verwechselt haben. Erst als die Mauern schon eine be trächtliche Höhe erreicht hatten, ist man darauf gekommen. Da war es aber auch schon zu spät, um sie abzureißen, und so ist denn Zell durch einen Zufall zu seinem schönen, weit räumigen Gotteshaus gekommen. 61
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