OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

alle seine Gottesdienste und warteten auch geduldig einen halben Tag lang, als er einmal ausblieb. Als er aber am nächsten Tag noch nicht eingetroffen war, machte man sich auf die Suche nach dem Priester. Auf der Höhe des Hausrucks, an der „Granaz", dort,wo der Kreuzweg und der Rosenkranzweg einander kreuzen,fand man ihn-ermordet. Ein massives Eichenkreuz bezeichnet heute die Stelle der Bluttat. An gewissen Tagen sollen, so erzählen die Leute, am Kreuz vom Abend bis zum Morgen blaue Flämmchen herumtanzen. Das sind die Seelen derer, die sich nicht scheuten,sogar an einen geistlichen Herrn Hand anzulegen. 40. Der Leumann Hans war Zimmermann in Gschwendt bei Geboltskirchen. Als er einmal von der „Stör" spät abends nach Hause ging und in Stiefering eine kleine Brücke passieren wollte,sah er auf der anderen Seite des Steges einen schwarzen Hund. Sofort fiel ihm ein, daß über solche Tiere, die sich im Gebiet der Höllenleiten, zu denen auch Stiefering gehört, herumtreiben, schon oft gesprochen wurde. Der Hund starrte den Zimmermann mit feurigen Augen an. Der Leumann Hans meinte, den heißen Atem des Tieres zu spüren,so kam er beim Anblick des Tieres ins Schwitzen. Er versuchte, ein Kreuz zu schlagen, versuchte zu beten, alles ver gebens. Da erinnerte er sich des Stückeis Hausbrot, das ihm die Bäuerin auf den Heimweg mitgegeben hatte. Das hausgebackene Brot wird noch heute mit Weihwasser besprengt und beim Anschneiden mit drei Kreuzen gesegnet. Das hielt er der Bestie über den schier drei Meter langen Steg entgegen. Und sofort verwandelte sich der Hund in einen nach Pech und Schwefel stinkenden Nebelballen, der sich langsam auflöste. An allen Gliedern zitternd, aber heilsffoh, dem höllischen Erlebnis entronnen zu sein, kam der Leumann in seinem Häusl an. Aber der Leumann war nicht der einzige, der in der Hölleiten oder in der Höllmühl mit dem Teufel Bekanntschaftgemacht hat.Ein paar soll der Bocksfüßigesogar beilebendigem Leib geholt haben. 41. D' Rauhnacht oder die Wilde Jagd auf der Spitzbruck Von den Rauhnächten ist die „foaste", die Dreikönigsnacht, die größte und beliebteste gewesen. Und zwar nicht nur wegen der fetten,„foasten" Mahlzeiten, die es besonders am Abend gab, sondern auch wegen ihres reichen Brauchtums. Nach dem Abendgebet, dem Rosenkranz, wurden die Wohnräume und die Ställe gegen die bösen Geister ausgeräuchert und mit Weihwasser besprengt. Denn um die Mitternachtsstunde soll das Wilde Gjoad übers Land jagen. Die Wilde Jagd begleitete der Teufel auf ungeheuer schnellen Wagen mit brennenden Rädern, die einen Schwefelgestank hinterließen. Von der Wilden Jagd wurde gerade in den Winterabenden viel erzählt. Manchen kam dabei das Gruseln an. Aber ein junger Knecht aus Geboltskirchen hatte für diese Geschichten nur ein Lächeln übrig. Seine älteren Kameraden forderten ihn daher auf,einmal selber nachzuschauen, was an dem vielen Gerede daran sei. Das ließ sich der Jungenicht nochmalssagen. Furchtlos schlenderte er die Dorfstraße in Richtung Piesing hinunter, um die WildeJagd bei der Spitzbruck zu erwarten. Da weiter nichts geschah,fühlte er sich sicher und rauchte sich ein Pfeiferl an,dann noch ein zweites. Aber was kam denn da daher? Von fernher vernahm er den Hufschlag von Pferden und schon sah er einen rotleuchtenden Nebel auf sich zukommen. Der Nebel aber war der Dampf von glühenden Rädern und Wagen, die daherbrausten. Nun aber schnell unter die Brücke! Wie er sich so an die Holzpiloten klammerte,meinte der Knecht,seine letzte Stunde sei gekommen. Aber schon war der schaurige Zug vorüber. Der Junge meinte sich schon gerettet. Da kam ein wie verrückt fahrender Nachzügler nach, hielt mit einem dröhnenden Brrr! seine acht den Wagen ziehenden Ziegenböcke mitten auf der Brücke an. Dann sprang 54

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