OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

Wurzeln und Kräutern und übernachtete auch im Winter im Freien. Schenkte ihm jemand Geld,so verschenkte er es sofort wieder; gab man ihm Lebensmittel,ließ er Käse und Fleisch so lange abliegen, bis die Würmer darin ihre Heimstatt hatten, und verzehrtesie erstdann. Wurden ihm die Läuse auf seinem Körper zu viel, legt er sich im heißen Backofen zum „Süaßigen", wie er diese Prozedur nannte. Zum Unterschied vom gugatzaten Lenzl getraute sich niemand, den Spitzberg-Hans zu foppen, denn er stand im Rufe eines Heiligen. Er soll auch sehr gescheit gewesen sein,so kannte er z. B.jeden Stern am Himmel und wußte dessen Bedeutung für die Menschen. Die Blumen in Wald und Feld waren ihm bekannt und wurden von ihm auf ihre Heilswirkung eingeschätzt. Viele Kranke soll er von ihren Schmerzen befreit haben. Seine Heiligkeit soll so groß gewesen sein, daß er einmal sogar trockenen Fußes über den Wolfgangsee gegangen ist. 15. Die drei Nachbarn Als der alte San-Schuster einmal vom Wirtshaus in Aigen nach Hause zurückkehrte, sah er auf der Straße drei schwarze Katzen aufeinander lospfauchen. Er schlug mit seinem Stock drein,aber da wurden sie aufeinmalimmer größer und größer und nahmen Menschen gestalt an. Und nun erkannte er in ihnen seine drei verstorbenen Nachbarn, die seit undenk lichen Zeiten immer in Grundstreitigkeiten miteinander gelegen waren. 16. Der fluchende Knecht Der alte Wasl war ein Eier-und Futterhändler.Alser einmal über den Atzberg ging, be gegnete ihm der Müller-Roßknecht. Der Knecht war ein wilder Gotteslästerer und konnte auch an dieser unheimlichen Stelle das Fluchen beim Antreiben der Pferde nicht „graten". Da begannen aufeinmal die Ketten der Anspannung zu scheppern und aus den Nüstern der Pferde stob Feuer.Im rasenden Galoppjagte das Fuhrwerk dahin. Erst weit draußen konnte der Wasl das Fuhrwerkeinholen und die am ganzen Leib zitternden Pferde zum Stehen bringen. Der Wasl hat ein kleines Mandl aufdem Wagen sitzen sehen,das die Pferde antrieb. Die Leute sagen, daß das der Teufel gewesen sein soll. 17. Der unterirdische Gang im Schloß Aigen Als meine Familie und ich den Mayerhof im Schloß Aigen bezogen, sagte man uns: „Wenn du die Kellerstiege hinuntergehst,ist rechts ein kleiner Kellerraum. Gleich unter den Platten beim Kellereingang ist der Abstieg zu einem unterirdischen Gang, der das Schloß Köppach über Aigen mit dem Schloß Wolfsegg verbunden hat." Obwohl uns noch viele alte Leute bestätigten, daß dieser Gang wirklich existiert habe, konnten wir selbst nie etwas davon entdecken. Die Steinplatten lagen an dieser Stelle zwar ganz locker, aber der Unter grund war reiner Sand. 18. D' Kohlstatt Eine Atzbacher Bäuerin hörte nach dem Gebetläuten bei der Kohlstatt, wo einst eine Köhlerhütte gestanden hatte, ein merkwürdiges Rascheln. Sie glaubte,es sei ein Reh. Auf einmal sah sie eine erwachsene Person über das Feld laufen. Die Person hatte aber keinen Kopf; die Hände und die Brust waren mit wolligem Haar bedeckt. Die Frau erzählte ihr Erlebnis einem Missionspater, der gerade in Atzbach weilte. Dieser wunderte sich darüber aber nicht weiter, denn zur selben Zeit war im Harhäusl zu Pupping eine Frau umgebracht worden. Der Geistliche las für die Arme Seele eine Messe und der Spuk ließ sieh nieht mehr sehen. 19. Anmelden beim Totengräber in Atzbach Beim Totengräber Wohlgemuth in Atzbach meldete sich regelmäßig ein Todesfall schon einige Tage vorher an. Dann begann das Werkzeug in der Zeughütte zu poltern. Die 48

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