OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

22 Der Pfleger war sogleich bedacht Und hatte auch den Schluß gemacht. Er fangt die Täter alle drei Und weil es schon bewiesen sei. 25 Sie müssen in Arrest nach Linz, Ein Jahr ist ihnen nur bestimmt. Ein Jahr ist eine gringe Straf Für diese schaudervolle Tat. 23 Sie konamen nun in die Verhör, DasJammern,das hilft sie nichts mehr. Jetzt fangen sie zum Zittern an: „Ach Gott, Was haben wir getan!" 26 Sieh, o Mensch, das macht der Neid, Der brachte sie alle drei so weit. Daß sie verlassen Hab und Gut Um ein so armes Menschenblut. 24 Es wurde auch gleich fortbericht. Wasjeden für eine Strafe trifft. Zwei ganze Monat stand es an. Bis das Urteil für sie kam. 27 O sehet die Geschichte an. Und wer mich kennt, der denke dran: War ich oft lustig unter euch. Jetzt bin ich in der Ewigkeit. Vergleicht man nun das Lied des unbekannten Verfassers mit der Erzählung Stelzhamers, so ergeben sich etwa folgende Erkenntnisse: 1. Die im Lied geschilderten Begebenheiten werden auch in der Erzählung gebracht. Der Franz von Piesenham berichtet also tatsächlich eine wahre Geschichte aus seiner Heimat. Er gedenkt übrigens auch im Versepos „D' Ahnl", Vers 708, desselben Titelhelden mit den Worten: „Aft der rar Reiserl, der 's Büchserl schier besser kennt als sein Geigerl!" 2. Stelzhamers Angaben sind nicht bloß ausführlicher, sondern auch inhaltsreicher als jene des Liedes. Während dieses nur den Wildschützen hervorhebt, den Spielmann aber nur flüchtig andeutet, weiß Stelzhamer weit mehr über das treffliche Geigen Reiseis zu erzählen. Er führt außerdem die besorgte Mutter und die resolute Kellnerin ein, betont Reiseis Ge löbnis vor Mutter und Pfleger, nie mehr zu wildem, und erweitertschließlich den Personen kreis noch durch den mephistofelischen Herrn Schwarzmann, mit dem der leichtsinnige Seelenhandel abgeschlossen wird. Bei Stelzhamer schießt auch Reisel und erlegt den Rehbock, im Lied ist er nur selber Ziel und Opfer. Was Stelzhamer von diesen Zutaten aus eigenem beisteuerte, läßt; sich heute wohl nicht mehr feststellen. Da er aber injungen Jahren große Vorliebe für unheimliche romanti sche Gestalten hegte, so wäre es wohl möglich, daß die dunkle Gestalt des Schwarzmann aus seiner freien Erfindung stammt. Im Zusammenhang mit Stelzhamers Erzählung bietet das Reisellied ein treffliches Beispiel für Entstehen und Vergehen eines erzählenden Volksliedes, das Züge von Moritat und Grablied vereint. SCHRIFTTUM * Aurora, Taschenbuch, Wien, 1853, S. 242 ff. Rosegger, Heimgarten, Graz, 1882, Nr. 2. Rosegger, Franz Stelzhamer, Ausgewählte Dichtungen. Wien, Pest, Leipzig, 1884, Bd. IV, S. 166 ff Commenda, Franz Stelzhamer, Auswahl aus seinem Lebenswerk. Linz, 1955, S. 314 ff 'Lücke im Wortlaut, etwa zu ergänzen: Und denk, der Bock gehört mir bald. 43

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2