OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

3 Auch hatt ich eine große Freud Im grünen Wald und aufder Haid, Wo ich kann ein Wildprat sehn, Mit meiner Büchse zu erlegn. 4 Aber die Freud, die daurt nicht lang, Es fangt sich bald was anders an. Sie tun mir nach dem Leben streben. Ich kann gar nicht mehr sicher gehn. 5 Ein Bauer in der Nachbarschaft, Der mit dem Jäger Bekanntschaft hat. Der zeigt sich als mein bester Freund Und war mein ärgster Lebensfeind. 6 Er geht da öfter hin zu mir. Er sagt es und erzählt es mir. Ich möchte einmal mit ihm gehn. Wir werden gwiß ein Wild erlegn. 7 Und endlich gab ich ihm die Hand, Und alles war im richtigen Stand. Ich tu mit ihm im Walde gehn. Um den großen Bock zu sehn. 8 Da hat der Nachbar große Freud, Und es war ihm gar nicht zu weit. Kaum war er für die Tür hinaus. So geht er schon ins Jägerhaus. 9 Er sagt es und erzählt es gleich. Der Jäger hatte große Freud, Daß er sich an mir rächen kann. Und seine Wünsche gehen an. 10 So ist der Rat nun ausgemacht. Der Reisel liegt zuhaus und schlaft. Morgen abends um diese Zeit Ist er schon wordn zu einer Leich. 11 Des andern Tags, als Abend war. Der Tag war schön,ja hell und klar. Kommt der Verräter schon daher Und sagt: „Jetzt lade dein Gewehr!" 12 Ich greif daher gleich ums Gewehr, Lad es mit Schrot und richts gut her. Jetzt sind wir fertig, gehn wir gleich. Es wird schon Abend, wir habn Zeit. 13 Mit Freuden geh ich in den Wald a Die Sonn geht ein ins tiefe Tal, Jetzt seheint s' mich an zum letzten Mal. 14 So pirschen wir in 'n Wald hinein Hin auf den Ort, wo der Bock wird sein. Der Verräter macht sich aufdie Seit Und sagt, daß er mir das Wild zutreibt. 15 Ich stand in einem schönen Platz, Wo sanftes Moos und grünes Gras. Die Vögel singen noch in der Höh, Mein Lebensfeind sind in der Näh. 16 Aufeinmal fiel ein großer Schuß, Aufwelchen ich gleich stürzen muß. Es war mein ganzer Unterleib Mit voller Schrote angestreut. 17 „Ach, helfet mir!" riefich sie an, Sie liefen alle schnell davon. Es ist nun keine Rettung mehr. Kein Mensch kommtin das Elend her. 18 In meinem Blute lieg ich hier Die ganze Nacht, kein Mensch bei mir. So muß ich meinen Geist aufgebn, „Ach,großer Gott, es ist geschehn!" 19 Fünfunddreißig Jahre bin ich alt Und muß schon sterben in dem Wald; Ohne Büß und ohne Beicht, So muß ich fort in die Ewigkeit! 20 Die alte Mutter, die mich fand. Sahjämmerlich das Elend an: O,wie ihr Sohn im Blut da liegt. Und gestern lebt er noeh vergnügt! 21 „O,liebe Mutter, weine nicht. Und geh nur hin zu dem Gericht Und erzähle alles dort. Du weißtja, wer mit mir ist fort!" 42

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