OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

Das Reisellied Hans Commenda In seiner mehrfach abgedruckten Erzählung „Reisel, der Wildschütz und Geiger, eine obderennsische Dorfgeschichte'-" berichtet Franz Stelzhamer folgende Begebenheit aus seiner engsten Heimat: Josef Reisel, ein ausgezeichneter Spielmann, leichtsinniger Spieler, leidenschaftlicher Trinker und verwegener Wildschütz, bietet in Zechlaune in der Wirtsstube von St. Thomas trotz dringender Warnung durch die Kellnerin öffentlich sein Plätzchen im Himmel für 2 Sechser feil. Der unheimliche Herr Schwarzmann nimmt das Angebot an. Reisel hat seit diesem durch Handschlag besiegelten Handel täglich drei Sechser in der Tasche,aber auch eine stets blutende Wunde anjener Hand,die er einst Schwarzmann reichte. Verführt durch einen verräterischen, angeblichen Freund, bricht Reisel das der Mutter und dem Pfleger gegebene Wort und läßt sich zu neuem Wildern beschwatzen. Es fallt aber nicht bloß der Bock durch seinen Schuß,sondern auch er selber durch den des Jägers, des Verräters oder eines Dritten. Das Gericht verurteilt diese drei wegen schwerer Körperverletzung mit nach folgendem Tode zu unterschiedlichen, aber verhältnismäßig geringen Freiheitsstrafen. Stelzhamer beschließt nun seine Erzählung mit folgenden Worten: „Ein junger Bauer, der natürlich kein Jurist war, hat dann auf die ,drei Mörder' als Zugab zu ihrer Straf und Schande das ,Reisel-Lied' gedichtet, das eine Weile im Munde des Volkes ging,und das die Verbrecher nach überstandener Strafzeit noch öfter mußten um ihre Ohren summen hören. Weil aber das Lied im letzten Umschwünge der Zeit nebst vielen anderen verstummt, viel leicht gar verloren gegangen ist, so hab ich den Fall zu gemeinem Nutz und Frommen treu nach den Hauptsachen in ein Geschichtchen eingekleidet und ein für allemal aufge schrieben." In einem handschriftlichen, aus dem Nachlaß von Dr. Alfred Webinger aus Taiskirchen stammenden Liederbuch, das einst Georg Roithinger aus Irringsdorf, Gemeinde Pram, gehörte, ist nun dieses Lied unter der Überschrift „Der Reisel" enthalten. Die Worte dürften etwa in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts niedergeschrieben worden sein. Nachforschungen in Stelzhamers engster Heimat haben Bruchstücke einer Moritatenweise zustande gebracht, welche der folgenden Aufzeichnung zugrunde liegt. DER REISEL f; h|)IJ J»J»^ J?If J) J»^ 1. So merket auf, die ihr hier tut. stehn, ich will euch JH r ^ kürzlich was er—zähln; wie sehr hat mich die Welt ge i' Ji ^ i' iJ J) JiJ freut und muß so schnell in die Ewig—keit! 2 Ich war ein Bursch, der die Welt liebt Das Musiziern hab ich erlernt. Und alles, was es Lustigs gibt. Mich durch dasselbe zu ernährn. 41

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