OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

Ein oberösterreichisches Notburga-Spiel Hans Commenda Die freundliche Gestalt der mildtätigen, frommen Magd Notburga von Eben galt in Tirol wie den Nacbbarlanden schon seit Jahrhunderten als Volksheilige, bevor ihre Ver ehrung 1862 kirchlich bestätigt wurde. Notburga, im Volksmund meist „Burgl" genannt, hat ihren Ehrentag am 14. September und ist eine geschichtlich nachweisbare Persönlichkeit. Sie wurde um 1265 zu Rattenberg am Inn im heutigen „Stettnerhaus" am Marktplatz als Kind ehrsamer Hutmacherleute geboren und erhielt, der damaligen Sitte gemäß, in der Taufe einen in ihre Zukunft weisenden, „sprechenden" Namen. Er traf auch wirklich zu, denn wie eine feste Burg sollte Notburga Zuflucht werden für viele, die in Not kamen. Über Leben und Wirken Notburgas wird in legendenhafter Verklärung berichtet: Im Alter von 18Jahren kam das Mädchen in das Schloß Rottenburg oberhalb von Jenbach. Als Köchin und Schafferin unterstanden ihr dort nicht bloß Küche und Keller,sondernauch das gesamte Hausgesinde. Aufinniges Bitten erhielt sie die Erlaubnis, täglich die reichlichen Reste der gräflichen Mahlzeiten den Armen geben zu dürfen. Als nach Jahren ein junges Paar die Herrschaft im Schlosse übernahm, bekam Notburga den strengen Befehl, sämtliche Speisenreste den Schweinen zu verfüttern. Sie sparte sich nun die Bissen vom Munde ab, um den Armen doch etwas geben zu können,und fastete zumal an Freitagen völlig. Trotzdem setzte es die geizige Schloßherrin durch,daß dem „Bettlergesindel" das Betreten des Schlosses gänzlich untersagt wurde. So stieg Notburga denn, um ihr Liebeswerk weiter üben zu können,ins Talzu ihren Armen hinab. Dabei begegnete ihr einmal der Schloßherr und befahl ihr,ihmzuzeigen,wassiein derSchürze berge. Gehorsam hielt sie ihm die vom Munde abge sparten Bissen und die Kanne Wein hin. Durch ein Wunder erblickte der Graf aber nur Hobelspäne in der Schüssel, und als er aus der Kanne trank, schmeckte es ihm wie scharfe Lauge. Trotzdem mußte auf Betreiben der bösen Schloßherrin Notburga die Stellung im Schlosse aufgeben. Sie trat nun in Eben, einem hochgelegenen Weiler des Inntales, als Magd bei einem Bauern in Dienst, bedang sich aber dabei aus, an allen Samstagen sowie an den Vorabenden der Kirchenfeste früher Feierabend machen und im nahen Rupertuskirchlein beten zu dürfen. An einem Samstag im Sommer nun, als die Ernte arg drängte, bestand der Bauer auf ihre Weiterarbeit. Notburga aber verwies auf ihr Vorrecht und hängte mit den Worten: „Gott soll richten zwischen dir und mir!" ihre Sichel an einem Strahl der Abendsonne auf. Dann ging sie wie alle Tage in das Kirchlein, um zu beten. Von Stund an war dem Bauern diese Magd unheimlich und unleidlich. Notburga kam es daher gelegen, daß der Herr von Rottenburg sie nach dem Tode seiner Frau reuig wieder ins Schloß zurückholte, damit sie dort Ordnung mache. In dreijährigem Bruderkrieg waren Haus und Hofverwüstet worden. Notburga,in alle ihre einstigen Rechte wieder eingesetzt, brachte den Besitz zu neuem Wohlstand, spendete wieder reichlich den Armen und erzog die Kinder ihres Herrn zu Frömmigkeit und Nächstenliebe. 1313 gilt als ihr Todesjahr. Ihrer letzten Bitte gemäß wurde der Wagen mit dem Sarg einem weisenden Ochsengespann überlassen. Dieses durchschritt trockenen Fußes den auf wunderbare Art gestauten Inn und machte schließlich vor dem Rupertuskirchlein in Eben halt. Dort hoben unsichtbare Hände den Sarg vom Wagen. Bald leuchtete das Grab durch mancherlei Wunder, und man begann, Notburga zu verehren. 36

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