OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

Wallfahrt in der nachjosephinischen Zeit stand dieser Brunnen vorübergehend auch im Rufe der Wunderkraft, und erst ab dieser Zeit nahmen die Pilger auch sein Wasser als wunder wirkendes Wasser in den Wolfgangflascherln mit nach Hause. Die architektonische und dekorative Formengestaltung dieses hervorragenden und außer ordentlich fein ersonnenen Kunstwerkes (Erzguß aus Glockenmetall) ist noch ganz im spät gotischen Stil gehalten; der Fries unter den Zinnen der Säule, die nackten Männerfiguren in deren Nischen,die Relieffiguren aufdem obersten Sockelabsatze,die Fratzen der Brunnen rohre, die Umrahmungen der Wappen, die Flachornamenteu.a.hingegenzeigen bereits den aus dem Süden kommenden Renaissancestil an. Die Relieffiguren aufdem obersten Absätze des zehneckigen, mehrfach gestuften Sockels zeigen: a) Ein fischgeschwänztes Meereswesen, das mit einem Baumstamme zum Schlage gegen eine langhaarige, bärtige Halbfigur ausholt, die ihrerseits mit einem Rundschild dem Angriff begegnet (Abb. 1); b) zwei auf Sackpfeife und Klarinette blasende Faune, die sich gegen eine unter einem Baume schlafende Nymphe wenden (Abb. 2); c) zwei kämpfende Hähne (Abb. 3); d) ein geflügeltes Knäblein mit einem mit einer Keule bewaffneten, spitzbarttragenden wilden Manne, der die Flügelgestalt an einem Tuche zerrt, das diese mit den Zähnen hält(Abb.4);e)zwei Knaben,die aufallen Vieren rückwärts kriechen und an einem Tuche zerren, das um Kandaren in ihrem Munde geschlungen ist(Abb.5). Woher diese Motive entlehnt sind, läßt sich schwer sagen; es dürfte vergeblich sein, hier bestimmte mythologische Motive oder Stellen aus der antiken Literatur zu suchen. Faune und Nymphen (b) sind tausendfach in der bildenden Kunst in großen und kleinen Werken fast aller Jahrhunderte dargestellt worden, wobei die erotisch-sexuellen Beziehungen zwischen Satyrn und Nymphen in den verschiedensten Abstufungen erscheinen. Kämpfende Hähne (c), ein aus dem Alltag genommenes Motiv, kommen schon in der pompejanischen Wandmalerei vor. Lustige, spielerische Gestalten der sogenannten Drolerien, darunter wilde Männer und Frauen,kleine Kinder und Tiere in allen möglichen,oft ulkigen Stellungen und Kombinationenfinden wirimfünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert in Stundenbüchern, Brevieren und Gebetbüchern ebenso wie aufToren,Türmen und Brunnen.Hierher gehören wohldie vierte und fünfte Darstellung(d,e),denen man kaum einen besonderen symbolischen Gehalt zuzuschreiben braucht. Wahrscheinlich gilt dies auch von der ersten Darstellung (a), obwohl hier am ehesten allegorischer Gehalt vermutet werden könnte. Auf der Untersicht der auf dem Sockel mit Fuß sich erhebenden weit ausladenden, feingeschwungenen Brunnenschale sind abwechselnd zwei Doppelwappen und zwei Spruch bänder.Jene zeigen das Wappen des Stiftes Mondsee (Mondsichelüberdem wellenbewegten See) und das Wappen des Abtes(AW = Abt Wolfgang); die Buchstaben AMAD in den Ecken dieses Abtwappens deuten seinen Wahlspruch (Auxilium Meum A Domino) an. Die Worte des einen Spruchbandes lauten: „got hab unss all zu seiner acht maister lienhart zu passau hat mich gemacht"; auf dem anderen Spruchband ist zu lesen: „durch maister lienhart rännacher stat pixenmaister czu passaw". Der äußere Schalenrand des Beckens trägt folgende Widmung: „Ich pin zu den eren sanndt wolffganng gemacht abt wolfgang häbrl zu mänsee hat mich petracht zu nücz und zu frömen den armen pilhgrümb dye nit haben gelt ümb wein dye sollen pey dissen wasser frelich sein Anno dm 1515 jar ist das werck voll pracht gott sey globt". Die abgeschrägten Eckenkanten des Brunnenschaftes tragen tief eingravierte Großbuchstaben, die, links herum gelesen, den Namen „Peter Mülich" ergeben. Die Brunnenschale ist achteckig. An der Basis des aus der flachen Schale aufstrebenden 3 33

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