OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

Die Herkunft der Waren ist klar. Südfrüchte,Baumwolle und Alaun kamen aus Venedig, das Blei kam aus Kärnten, u. zw.,da es mit Venezianer Waren zusammen geführt wurde, aus dem Revier von Bleiberg, westlich Villach. Aus Bleiburg kann es nicht stammen,denn da hätte es den Weg durch das Lavanttal nehmen müssen und wäre entweder überhauptnicht nach Judenburg gekommen oder von anderen Frächtern in die Stadt geführt worden als von Frächtern, deren Heimat an der Venezianerstraße lag. Daß Venedig den Handel mit Südfrüchten und Baumwolle beherrschte,ist bekannt, die Lagunenstadt hatte sich aber auch in den Handel mit Alaun eingeschaltet, der im Kirchenstaat bei Tolfa gewonnen wurde und in der Färberei und Gerberei Verwendung fand. Von den Waren, die aus Steyr nach Juden burg gebracht wurden und sicher nicht in dieser Stadt blieben,sondern mindestens zum Teil weiter nach Venedig geführt wurden, stammen die Messer ganz gewiß aus Steyr selbst, das Wachs dürfte böhmischer Herkunft gewesen sein - polnisches Wachs wurde über Wien nach Venedig geführt -, der Rupfen war oberösterreichisches Erzeugnis, blühte doch die Leinen weberei an vielen Orten des Landes, Steyr selbst war Sitz einer Zimft, der Leinenhandel „gewinnbringend", weshalb sich ihm „Berufskaufleute" zuwandten*. Den Transport besorgten in der Regel nicht die Steyrer Kaufleute selbst, sondern sie bedienten sich verschiedener Frächter, meist waren es Bauern und Bürger aus verschiedenen Orten an oder nächst der Italienstraße; das war auch für den Handel mit Leoben oder Wien so. Lediglich Andreas Pirkner dürfte Bürger von Steyr gewesen sein®. Judenburgscheinteine bedeutende Zwischenstation aufdem Wegvon Steyr nach Venedig gewesen zu sein, die zweite war Villach. Der Weg von Judenburg nach Steyr führte über den Triebener Tauern nach Rottenmann und von dieser Stadt vermutlich über Admont durch die Buchau nach St. Gallen, wo er auf die Eisenstraße traf. Ob in Weißenbach eine Umladung auf Ennsflöße erfolgte, läßt sich aus unserer Quelle nicht erkennen. Die Berechnung der Maut und damit die Eintragung in das Mautbuch erfolgte nach Säumen. Damit ist nicht gesagt, ob die Ware die ganze Strecke gesäumt wurde; für die Straße von Judenburg nach Villach ist dies unwahrscheinlich,es ist vielmehr anzunehmen, daß in Judenburg die Umladung von den Saumtieren auf die Wagen erfolgte. Der „Saum" war übrigens nicht nur eine Verpackungsart, er war auch - und in Judenburg vermutlich in erster Linie - ein Rechenmaß u. zw. ein Gewichtsmaß. Er galt bei spezifisch schweren Waren,z. B. Eisen und Blei, drei Pfundzentner oder 168 kg, bei spezifisch leichteren Waren, z. B. Baumwolle, zweieinhalb Zentner oder 140 kg. Selbstverständlich handelte es sich um ein angenähertes Gewicht. Flüssige Ware, Wein, aber auch Südfrüchte und Seife wurden in Lagein befördert, das waren Fäßchen von ovalem Qjuerschnitt, von denen zwei einer Saum last entsprachen. Über die Zeit, die ein Säumer brauchte, um den Weg von Judenburg nach Steyr und wieder heim nach Judenburg zurückzulegen, liegt nur die eine Eintragung über die beiden Leute von Glanegg vor. Sie vermauteten ihre aus Villach gebrachte Ware in Judenburg am 2.Jänner und waren am 27. Jänner wieder von Steyr zurück, brauchten also für den Weg Judenburg-Steyr-Judenburg 25 Tage,wobei nicht nur der Aufenthaltin Steyr,sondern auch ein Aufenthalt in Judenburg einzurechnen ist. Rechnet man für die beiden Aufenthalte zusammen fünf Tage ab, so betrug die reine Fahrtzeit für einen Weg zehn Tage. Das ist * Alfred Marks, Das Leinengewerbe und der Leinenhandel im Lande ob der Enns.Jahrbuch des Oberöster reichischen Musealvereins, 95. Jahrgang 1950, Karte nach Seite 192 und Seite 249. * Zur Gilde der„Venedigischen Handelsleute"zählte Pirkner offenbar nicht. Vgl. Ofner,wie Anm.1,Seite 36f. 19

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