OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

bäuerlichen „Panzer"-(Draht-)Gitter, so könnte man mit einer viel größeren Zahlrechnen. Wir dürfen jedoch nicht übersehen, daß zu Ende dieser Periode die alte Eisenkunst künst lerisch verfiel und sie sich neben den Gußeisenformen nicht halten konnte. Die Hochblüte war nun endgültig vorüber, Kirchen und Klöster waren längst ausgestattet, es fehlte an Aufträgen. Ein neues Ideal, von Klassik und Aufklärung geprägt und angeregt, bringt eine Beruhigung der Formen. Eine nun völlig ins Bürgerliche gekehrte Einfachheit und Sparsam keit bestimmt die Kunst des Biedermeier. Mit dem Verdorren der Formen vollzog sich auch ein Wesensverlust. Die Romantik hingegen, mit ihrer Besinnung auf die Vergangenheit und einem stark religiösen Einschlag, wandte sich der Gotik zu. Dieser neuen Zierstücke bemächtigte sich das Gußeisen. Das Eisen kann jedoch sein Wesen weder im Blech allein noch im mechanischen Guß aussprechen. Was von dieser Zeit an als Eisenkunst läuft, sind Überbleibsel, die ihr Leben der Beharrung der Handwerkskunst und der Abgeschiedenheit mancher ländlicher Gebiete verdanken.Die beharrende Volkskunst allein bleibt die Wahrerin echter Eisenkunst. Vor allem Grabkreuze, auch Marter- und Flurkreuze, Wirtshausschilder in reicher Zahl (Grieskirchen, Ischl, Kremsmünster, Marchtrenk, Mauthausen, Mattighofen, Beuerbach, Ried, Steyr, Wels), Fensterkörbe und eiserne Fensterflügel an Häusern und Geschäften,Balkongitter wie in Altheim,Lambach,Linz,St. Georgen am Fillmannsbach, Weißenbach b. I. u. a. unterstreichen das Bild einer gewachsenen Kulturlandschaft. Be trachtet man die Kunstwerke genauer, wie die Fensterkörbe in Kematen - dat. 1791 -,so ist der ihnen vielfach anhaftende Humor nicht zu übersehen. Die späten Speisgittertürchen der Pfarrkirchen (Enns, Gmunden, Lauffen)zeigen freilich ein Sinken des Niveaus. Unter den großen Abschlußgittern nehmen zwei Linzer Nachzügler (Kapuzinerkirche, dat. 1797 und Karmeliterkirche, dat. 1857) einen recht bescheidenen Platz ein. Am besten steht hier Ranshofen mit seinem Stiegenhausgitter im Swastikamuster und Eferding mitseinen Schloß gittern von 1784 und 1829 da. Die Neugotik zeigt sich oft in Kapellengittern (Braunau, Beuerbach, dat. 1864) und in Grabkreuzen (Eferding, Steyr). Sie leiten schon zu den Guß arbeiten über. Am geschlossensten und qualitätsmäßig am höchsten zeigt sich die Land schaft der „Schwarzen Grafen", der Micheldorfer Sensenschmiede. Zu Gartengittern (dat. 1822) kommen Kapellengitter in Micheldorf (1827), Frauenstein (1829); Fensterkörbe (1829 Sierning) und Oberlichten (Ramsau, Steyrdorf). Eisentüren finden sich auch in den Bauernhöfen dieser Gegend. Den Einbruch der Vermassung durch den Merkantilismus der Gußeisenerzeugnisse überwunden zu haben, bleibt eine der positiven Leistungen unserer Handwerkskultur. Es gibt heute eine neue Kunst in Eisen, gewiß noch mit mancherlei Kinderkrankheiten und Manierismen behaftet. Sie beginnt aber in vielen Orten das Ortsbild mitzugestalten. Neben Gmunden hat Wels begonnen und eine gute Lösungin dem Gitter imjetzigen Gebäude der Volkshochschule gefunden. Schärding hat neue Aussteckschilder harmonisch in das alte Stadtbild eingefügt. Auch auf den Friedhöfen hat man viel Positives gestaltet. Größere eiserne Eingangsgitter hat vor allem Linz (Arbeiterkammer, Ärztekammer), auch Krems münster und Grieskirchen zur Aufstellung gebracht. Auch das Eisenwerk an dem FeuerkogelHotel ist vorbildlich. Kleine Meister und die Lehrwerkstätten der VÖEST bringen nun Jahr für Jahr neue Erzeugnisse, Zeugnisse einer wiedergewonnenen Kunstgesinnung. Dies gilt nicht nur für die Techniken der Schmiedekunst, sondern auch für das Gebiet des Stahl schnittes, der nun eine ganze Reihe überaus fähiger Talente aufweist. (Zur weiteren Einführung in die Geschichte der Eisenkunst s. O. Kastner, Eisenkunst im Lande ob der Enns 2. Auflage Linz 1961 ders.. Handgeschmiedet. Linz, 1967.) 2 17

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