OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

bisher gepflogenen Abstrahierung auf die Linie allein, das üppig Schwellende, die Nach ahmung der Naturformen. 1708 übernahm in St. Florian Jakob Prandtauer die Bauführung. Die Heranziehung ausländischer Meister wie des Nikolaus Peigine und des schon bespro chenen Passauer Meisters Messner bedingt ein volles Hinwenden zum Reichsstil, der unter Peigine durch die eingezogenen waag- und senkrechten Bügel (Hakenschnörkel)zum Bandlwerkstil führt. Der bedeutendste Eisenkünstler des Landes ob der Enns dieser und der folgenden Zeiten war der Stiftsschmied von Spital a. Pyhrn,wo man nicht mit den Palästen der Kaiser stadt wie in St. Florian wetteiferte. Beim Umbau des Klosters zog man den heimischen Hofschmied, Andreas Ferdinand Lindemayr (geb. 25. 11. 1686, Spital), heran. Lindemayr greift auf die alte Feldeinteilung und Spirale zurück und verzichtet noch 1728-1734 auf den Modeimport des Bandlwerkes. Die Wirkung seiner Persönlichkeit ergoß sich über das ganze Steyr- und Ennstal. Berühmtheit erlangte er durch seine zahlreichen Grabkreuze. Es gibt über Oberösterreich hinaus kaum Kreuze, die den Werken Lindemayrs an klassi scher Vollendung und Ausgewogenheit der Komposition und an Klarheit der Ausschmie dung an die Seite gestellt werden können. Lindemayrs Zeitgenosse in Kremsmünster ist der bedeutende Nachfolger Preisingers, Valentin Hofmann. Neben den kräftigen Äußerungen des Meisters Walz, neben der Ur sprünglichkeit Preisingers erscheint Hofmann vornehm, ja höflsch. Doch auch er bleibt dem nun immer stärker zur Herrschaft kommenden Ideal der Massenschwere fern. Seine angeborene Grazilität kann sich hier auf diesem Herrschaftsgebiet der Abstraktion besonders glücklich entfalten. Sein interessantestes Gitter (1728) gehört jedoch dem Stil nach schon ins Frührokoko. Gitter mit Additionsmuster sind eine andere Möglichkeit, dem Bandlwerk auszuweichen (Aschau, Losenstein, Ottensheim, Rohrbach, Maria Neustift), Puchenau bringt das einzige Perspektivgitter des Landes (das Werk befindet sich heute im Schloß). In der Gestaltung der Grabkreuze ist ein grundlegender Unterschied zwischen dem Osten imd Westen des Landes festzustellen. Die kleinen Namenstafeln des Innviertels in ihrer bunt bemalten Gestalt stehen in stärkstem Kontrast zu den Kreuzen des Bezirkes Kirchdorf, die, wie schon erwähnt, den absoluten Höhepunkt darstellen und auch außerhalb Österreichs kaum überboten werden können. Für diese hochbarocke Zeit wird die Verwendung von Vorlagebüchern bezeichnend. Der Sohn des berühmten Lindemayr verwendet noch 1756 einen Riß nach J. C. Weigels Ornamentenfolge von 1710-1725 (Nürnberg); auch andere Rißbücher sind in Verwendung gewesen, wie uns ein Grabkreuz in Steyr zeigt. Dieses Beispiel macht uns zugleich klar, wie schwer eine Grenzziehung zum Rokoko wird, das die Zeit Maria Theresias beherrscht. Durch diese Überfremdung beginnt sich eine Mehrgeleisigkeit zu entwickeln. Es wird mehr und mehr deutlich, daß sich neben der höfischen Hochkunst eine eigene Volkskunst weiter erhält, die den Wünschen bescheidener Bestellerschichten entgegenkommt. Man denke z. B. an die im Traunviertel heimischen „Vogerlleuchter", die auch in Skandinavien ihre Entsprechung haben. „Schnureisen" wird auch bei anderen Gebrauchsgegenständen in Verwendung genommen, etwa bei „Rasteln", die man daraus flicht. Gerade diese Dinge sind für das Erkennen unserer volklichen Anschauungen oft äußerst aufschlußreich. Die Vogerlleuchter - oft auch Radleuchter genannt — tragen Vorstellungen weiter, die in der sinnbildhaften Darstellung von Sonne, Mond, Vogel und Blume in mythische Überlie ferungen zurückreichen. 14

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