OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

es jedoch erst in seiner Spätform aufgenommen. Schon in seiner Erstlingsarbeit von 1683, im Stiegenbrüstungsgitter des Pfarrhofes in Weißkirchen, tritt uns Melchior Preisinger in seiner Eigenart entgegen, weiters im Balkongitter des Kremsmünstererhausesin Linz und im Pfarrhofin Thalheim. Aber von diesen Stücken abgesehen,ist sein Lebenswerk aufKrems münster allein beschränkt. Sein Hauptwerk, das Abschlußgitter unter der Orgelempore, gibt einen für diese Zeit überraschenden Beweis für die Kremsmünster eigentümliche, noch immer nicht abreißende Linienfreudigkeit. Darin unterscheidet sich Kremsmünster immer mehr von St. Florian mit dessen Entwicklung zur reichen plastischen Gestaltung. Ohne eine Spur von Prachtentfaltung, die nun in der hochbarocken Zeit überall auftritt, gelingt es Preisinger in einer für diese Zeit einmaligen Weise, alles Schwere und Stoffliche vergessen zu machen. Frei und duftig drehen sich die überaus zarten Rundstäbe zwischen den durch die Architektur vorbestimmten Feldern hin. Durch seine völlig abstrakte Linienführung ver körpert Preisingerjene heimischen Kräfte, die zu dem im Hochbarock herrschenden Reichs stil am Wiener Hof keine innere Einstellung gewinnen können. Hochbarock In den nur fünf Dezennien zwischen 1690 und 1740 vermag der österreichische Barock dem Lande ob der Enns seinen Stempel aufzudrücken. Keine Periode hat je eine so hohe Streuung an Eisenkunstwerken erreicht. In 180 Orten lassen sich barocke Kunstwerke nicht nur in Klöstern, sondern auch in Kirchen, Landkapellen und vor allem in den Städten an Rathäusern und Bürgerhäusern nachweisen. Das Friedhofsgitter (Atzbach, Kefermarkt),der Balkon (St. Florian, Linz, Freistadt), das Brunnengitter (Fallsbach, Aurolzmünster), das Schutzgitter um die Mariensäule (Wolfsegg, Niederwaldkirchen) und die Nepomukstatuen (Linz, Wels-Flößerkapelle), die Flurkreuze (Micheldorf, Stroheim), erste Ganggitter (St. Florian, Reichersberg), gegen Ende dieser Periode auch Ampeln (Steyr),steheningroßer Blüte und weiter Verbreitung. Das Durchdringen der Hochbarockformen, gekennzeichnet in seiner Üppigkeit durch die Freude und den Stolz des Siegers und das Bewußtsein neu gefestigter Macht, ist in unserem Lande anfangs nur zögernd. Noch die Garstener Gitter vor den Seitenkapellen zeigen uns, wie man sich, erst nur in Blechschnitten, in fast plumpen Blumenformen dem neuen Stilempfinden nähert. Die Gruppe der Emporengitter mit ihren großen „Marienkrüglein" (Garsten, Ghristkindl, Steyr-Dominikanerkirche) sind hier zu nennen. Doch endlich greift das Blatt frei in den Raum und beginnt an der noch immer beliebten Spirale wie Blumen, Früchte und Engelsbüsten - schwellend und vollplastischaufzublühen. Drei Großgitter - fast im gleichen Jahr entstanden - stammen aus dieser stolzen Zeit. Diese Künder des Hochbarocks in der obderennsischen Eisenkunst sind ohne Nach folge geblieben. Ein Gitterpaar schließt in Ranshofen die Marienkapelle ab, ein Gitter in Brunnenthal den Hochaltar der Wallfahrtskirche und eines im Stift St. Florian das Lang haus der Kirche unter der Orgelempore. Zwei Meister, stilistisch aufs engste verwandt, beginnen knapp vor 1700 unter Verwendung aller technischen Mittel, Carlonestuck-Kränze in die Sprache des Eisens zu übersetzen. Josef Schwingeisen in Schärding arbeitet für Brunnenthal und Ranshofen, Hans Messner aus Passau ist der Schöpfer des Abschluß gitters in St. Florian, des mächtigsten dieser drei hochbarocken Riesengitter.In St. Florian begann unter Carlone der Umbau und die Barockisierung. Das Abschlußgitter spannt sich in einer Breite von 12,5 m und einer durchschnittlichen Höhe von 5-6 m zwischen Eingangshalle und Kirchenraum. Das völlig Neue ist die Vollplastik, das Verlassen der 13

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