OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

Spreißelkreuze, Miniaturarbeiten der Zimmermannskunst Von Hermann Haiböck f An langen Winterabenden waren einst manche geschickte Zimmerleute und Holz arbeiter damit beschäftigt, Kreuze aus kleinen Holzteilen herzustellen, bei denen man weder Anfang noch Ende herausfinden kann. Diese „Spreißelkreuze" bestehen aus Holz keilen und dreikantigen Stäben, die ohne Leim und Nägel zusammengesetzt und nur diurch Verklemmung zusammengehalten werden. Die meisten dieser Kreuze stehen aufrecht auf einem Sockel, doch gibt es auch sogenannte Legkreuze, die horizontal auf hölzerner Unter lage in gleicher Verklemmtechnik hergestellt wurden. Aus manchen dieser Kreuze kann man eine symbolische Bedeutung der einzelnen Bau teile herauslesen. So wurde z. B. der Sockel gern aus 12 Kreuzverbindungen, die miteinander verkeilt sind, hergestellt und damit wohl auf die 12 Apostel, auf denen die Verbreitung des Christentums fußt, hingewiesen. Im vertikalen Aufbau kommen bestimmte Zahlen vor, die auch sonst in der Volkskunst immer wieder festgestellt werden können,wie 6 X 12 Kreuze oder 3x3, 5x7, 9x9 Kreuzverbindungen usw. (s. Abb.). Da man die Spreißelkreuze mitunter für bestimmte Gebete verwendete, sollte die „Leiter" (Stamm) manchmal auch 9 Qrierverbindungen aufweisen. Sieben Zwischenräume sollte der große Querbalken haben. Werm zusätzlich noch weitere Querbalken angebracht wurden, hat der zweite meist 5, der dritte (das waren dann die sogenannten „Papstkreuze") 3. Bei manchen Spreißelkreuzen wurde daraufBedacht genommen,daß die Balkenenden auch wieder drei Kreuze darstellten. In unserer schnellebigen Zeit werden derartige Arbeiten, die überaus viel Geschick lichkeit und Ausdauer voraussetzen, kaum mehr gemacht. Aber in manchem Mühlviertler Bauernhaus sind solche Spreißelkreuze noch im Gläserkasten der guten Stube zu sehen. Mitteilung der Redaktion: Kurz vor Erscheinen des vorliegenden Heftes der Heimatblätter erreichte uns die Nachricht, daß unsere verehrten Mitarbeiter Herr Regierungsrat Dr. Friedrich Morton, am 10.Juli 1969 in Hallstatt, und Herr Hermann Haiböck,am 13. August 1969in Oberneukirchen,verstorben sind. Wir werden ihrer in der nächsten Nummer in entsprechenden Würdigungen gedenken. 119

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