OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

Bausteine zur Heimatkunde Zwei interessante Messer aus St. Agatha bei Bad Goisern Von Friedrich Merten| Im Besitz des Herrn Gerhardt Maresch, Bad Geisern^, befinden sich zwei Messer, die wegen ihres reichen Zierates eine ausführliche Beschreibung verdienen. Das eine ist ein Tischmesser mit einer Gesamtlänge von 23 cm. Davon entfallen auf die Schneide 13,5cm. Die größte Schneidbreite beträgt 2,3 cm. Die Schneide ist beiderseitig verziert. Wir sehen aufder einen Seite einen Mann,eine Frau und ein Haus mit Bäumen. Aufder anderen Seite steht die von einer Zeile von Kreuzen und Halbmenden unterstrichene Jahreszahl 1813. Offenbar handelt es sich um das Heiratsdatum und dasJahr der Besitzübernahme des seiner zeitigen Bestellers.® Das zweite Messer ist offenbar ein Jagdmesser. Auf der einen Seite der Schneide lesen wir den von Schnörkeln umrahmten Namen des Besitzers: „Georg Fetter in St. Agatha". Aufder anderen Seite des 14,7 cm langen Messers steht aufder Griffangel dieJahreszahl 1821 und anschließend, dem Rücken des Blattes folgend, erstreckt sich als schön eingravierte Zeichmmg die Darstellung eines Fuhrwerkes mit zwei Rössern, die einen Leiterwagen mit zwei großen Fässern ziehen. Ein Fuhrknecht hält die Pferde am Zügel (Abb. 1, 2). Die Fässer lassen darauf schließen, daß hier Wein verfrachtet wird. Der Boden, auf dem das Fuhrwerk steht, deutet möglicherweise einen Knüppelweg an. Gleich neben der Jahreszahl ist auf diesem Messer eine Gemse dargestellt, die aufden Wagen zurückblickt. So ist neben dem Fuhrmannsgewerbe, das der einstige Besitzer wohl ausübte, auf diesem Messer auch seine Lieblingsbeschäftigung, die Jagd (oder das Wildern!), festgehalten. Die Griffe sind bei den beiden Messern völlig verschieden. Beim Jagdmesser läßt sich eine Hornschale herausziehen, denn das Messer besitzt eine Ausnehmung zur Aufnahme der beiden Gabelzinken, die eine Länge von 5,7 cm haben. Der Griff ist sehr massiv und durch je 3 Messingnieten mit der Schale verbunden. Bei dem Tischmesser geht das eigentliche Messer direkt in den Griff über. Das Eisen nimmt gegen das Griffende an Breite zu. Am Beginn der Hornschale ist es 6 mm,am Ende jedoch 11 mm breit. Bei ihm sind auch die Außenflächen der Griffangel verziert, dadurch entstand um die außen als Band sichtbare Griffangel ein Satz verschiedenster Ornamente. Die Länge der Arbeitszeit spielte bei der Herstellung der beiden Messer offenbar keine Rolle, wichtig war nur, die zwei Momente der Eheschließung und Hausübernahme und die Darstellung des Berufsleben und der Jagdfreude des einstigen Auftraggebers in möglichst eindrucksvoller Form auszudrücken und festzuhalten. Ganz offensichtlich stammen beide Objekte, wie der Duktus der Zierate zeigt, aus ein und derselben Hand. ^ Der Verfasser dankt Herrn Lehrer G. Maresch, Bad Goisern,für die Erlaubnis zu der Veröffentlichung der beiden volkskundlich interessanten Objekte. ® Ein motivisch und stilistisch gleiches, offensichtlich von demselben Meister stammendes Messer befindet sich im Besitz der Familie Dr.Fahringer,Pürgg. 116

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