OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

Wasser aus den heiligen Becken über die Stufen gedient haben,wenn-und das ist die Haupt frage - damals schon Stufen auf dem Stein da waren! Eine Kultanlage wie die in Eibenstein, die fast ausgewogen nach Mittag und Mitter nacht (Nord-Süd) ausgerichtet ist und wo sich noch dazu die Ostwestverbindung zwischen den zwei höchsten Bergen — dem Viehberg und dem Sternstein - mit der Längsrichtung des Steines nahezu senkrecht schneidet, mag auch vom kalendarischen Gesichtspunkt be achtenswert sein. Ich meine, daß sie von Natur aus eine ideale Anlage für die Beobachtung der Sonne und für die Zeitberechnung war, die, wie bereits hervorgehoben, bei den Kelten eine so große Rolle spielte. Als ich eines Tages im Sommer um die Mittagszeit vom Gipfel des dritten Klotzes aus über die gerade unter mir liegende Stufenkanzel des Blockes VI nachgrübelte und die Schatten über die Stufen wandern sah, kamen mir die Stufentempel der Chaldäer, der Maya und Tolteken in den Sinn, der Gnomon der Alexandriner, das zerstörte Sonnenheiligtum auf den Externsteinen und jener merkwürdig gestufte Stein im Machu Pichu, den amerikanische Gelehrte eindeutig als einen Sonnen- und Kalenderstein identifiziert haben. Gesetzt, das seltsame Gestufe von Block VI ginge ganz oder wenigstens teilweise auf eine vorgeschicht liche Bearbeitung zurück, könnte dann nicht auch dieser Block gleichsam als eine massive Sonnenuhr mit Zutaten, die jetzt nicht mehr da sind, der Zeitberechnung gedient haben? Man fragt sich, wozu betrieben die Keltenpriester so eingehend astronomische Studien, wenn es ihnen dann an ihrer Wirkungsstätte an den Vorrichtungen gefehlt hätte, um den Laufder Gestirne zu beobachten und daraus die Monate, Tage und Stunden zu berechnen? Woher hätten sie auch sonst die so nötigen Nachrichten über die Zeit bezogen? Wer sich vor Augen hält, wie entscheidend wichtig für Opferungen, für Gerichtsurteile und Orakel der genaue und günstige Zeitpunkt war, und wie selbst dringende politische Handlungen oft aufgeschoben wurden, wenn die rechte Stunde zur Entschließung versäumt war, den würde es nicht wundernehmen, wenn der Hohe Stein auch astronomischen Zwecken ge dient hätte. Schließlich könnten auch die Wasserschalen auf Block II außer zur Heilung und zur Segnung noch den Zweck gehabt haben, die Zeit festzustellen,zu der gewisse Sterne sich im engbegrenzten Becken spiegelten! Voraussetzung für die aufgezählten Möglichkeiten ist, wie gesagt, eine frühe Ent stehungszeit der Stufen und Plattformen wenigstens auf den Blöcken I und VI. Wie ich allerdings schon einmal sagte, scheinen aber die Behauungen nicht alle gleich alt zu sein. Diesbezüglich ergab sich kürzlich eine überraschende und aufschlußreiche Wendung! Im Zuge der von Univ.-Doz. Dr.E. Burgstaller beantragten LFnterschutzstellung des Eibensteines wurdedieschon mehrmalserwähnte Vermessung von der Landesbaudirektion vorgenommen. Ingenieur W. Obergottsberger, der diese Vermessung durchführte, machte dabei eine Ent deckung,diezueinem ersten konkreten Ergebnisin den Überlegungenführte,die bisher überdie Felsengruppe angestellt wurden. Angeregt durch analoge Bearbeitungen in der Burgruine Reichenstein fand er, daß eine Reihe von Stufen am Hohen Stein im Rahmen einer plan mäßigen Einfassung der Felsen als Auflagebasen für Steinmauern gedacht waren. Durch Zufall entdeckte ich bald darauf ähnliche Stufen mit ähnlichen Widerlagern und Rezessen auch in der Ruine Windhaag bei Perg. Einer noch eingehenderen Untersuchung wird es vorbehalten sein,ob auch die Treppen aufdem Hohen Stein wiejene aus dem frühen Mittel alter — der Zeit der Neukolonisierung - stammen. Ich habe seither im Verein mit meinem Sohn, Prof. Herbert Wagner, noch einige Male am Hohen Stein Untersuchungen an Ort und Stelle vorgenommen mit ungefähr folgendem Ergebnis: Die Deutung Ing. Obergotts113

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