OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

Gebäudes. Wohl in diesen Jahren entstand auch im Schloßhof von Tollet die großartige Folge der 36 Geländerfelder sowie der 18 einfachen und vier über Eck gestellten Geländer streben mit ihrer reichen Musterfolge. Von den Großgittern dieser Zeit sind wahrscheinlich die von St. Wolfgang diejüngsten und wirken doch am ältesten. Dieser Eindruck erklärt sich aus dem konservativen Beharren beim gotischen Rautenmuster aus Vierkantstäben. Die Datierung MDXCIX und die Beschriftung mit IGAIM weist auf eine Bestellung des Ab schlußgitters zwischen Mönchs- und Wallfahrerkirche durch Ignaz Culpa, Abt in Mondsee, hin. Vielleicht wurde bei diesem Gitter im Sinne der Gegenreformation, die in diesen Jahren einsetzt, absichtlich in einer Neugotik auf die vertrauten altbekannten Formen der katho lischen gotischen Zeit zurückgegriffen. Eine weitere Datierung bietet die Zierplatte eines Schloßkastens aus dem Schloß Eferding (derzeit im oö. Landesmuseum) mit Groteskformen, im Geranke einen bogenschießenden Kentauren mit Vögeln und einer nackten Hexe, die (in einer neuen Art der Wandelform) aufeiner Ranke wie aufeinem Besen zu reiten scheint. Menschen, Pflanzen und Tiere gehen, den Alraunen ähnlich, ineinander über. So lebt in der Eisenkunst die Spukwelt des ausgehenden Mittelalters weiter. Seltsam kontrastiert daneben der ornamental angebrachte Spruch: ANNO DON 1593 SPES MEUS EST CHS. Diesem kleinen, aber geistesgeschichtlich so bedeutsamen Eferdinger Stück reiht sich ein Dokument an, dessen Entstehungszeit wir leider nicht genau kennen: die einmaligen Ab schlußgitter der Begräbniskapelle der Herren von Meggau in der Kirche zu Kreuzen. Sie sind durch ihre figürliche Symbolik - die Darstellung der Maria erfolgt halb versteckt im untersten Feld - erstrangige Dokumente der heimischen Religionsgeschichte. Gegenüber dem zurückhaltenden Wolfganger Gitter kommt in den beiden Kreuzener Gittern ein ganz anderer, strenger und herrischer Geist zu Wort. Nicht an alte Formenüberheferung wird hier angeknüpft, die Formensprache dieser Gitter gehört vielmehr der neuen Kunstsprache der Gegenreformation an, dem Manierismus. Diese vier Meter hohen Gitter fallen wegen der reichen Verwendung von Relief-Figuren in Eisenblech getrieben, als Kompositionsmittelpunkte der Felder aus dem heimatlichen Rahmen heraus. Die besonders dichte Verwendung von katholischen Sinnbildern ist ein typischer Niederschlag für die Geisteshaltung der Gegenreformation. Es gibt kein zweites Gitter in Oberösterreich, ja in ganz Österreich, mit einem so reichen religiösen Programm.Dieser plötzlich auftauchenden Anhäufung von Glaubenssymbolen - neben denen die bescheidenen in St. Wolfgang un bedeutend erscheinen - muß ein gewaltiger Imperativ und mystischer Eifer zugrunde liegen. Naturnähe und -ferne zugleich, stilistisch mit manieristischen Zügen behandelt, bedeuten diese Gitter für die Geistesgeschichte der Gegenreformation den wichtigsten Beitrag der Eisenkunst in unserem Lande. Aus dem Ende des 16. Jahrhunderts besitzen wir die ersten Grabkreuze. Fensterkörbe finden sich in Enns, Aschach, Schloß Marsbach, der Kurzmühle in Gmunden oder in den Tavernen des Ennstales. Zusammenfassend möge diese Periode in der Weise charakterisiert werden, daß das zweite Drittel des 16. Jahrhunderts als eine wenig erhellte Übergangszeit zu erkennen ist. In ihr entwickelt sich aus drei verschiedenen Ansätzen der Aststab und die Spirale, die über dieses Jahrhundert in das 17. Jahrhundert hineinwächst. Die künstlerischen Leistungen spannen sich vom urtümlichen, aber mißverstandenen Alten und noch kaum gefundenen Neuen bis zu wirklichen Großleistungen des späten 16. Jahrhunderts,dessen Errungen schaften das folgende Jahrhundert verpflichtet ist. Nach der Leere mit dem Ende der Spätund Nachgotik erreicht die Eisenkunst wieder einen neuen Hochstand.

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