OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

Maßangaben von den Wasserschalen, erwähnt aber nur oberflächlich die Stufen auf den „drei durch Spalten von einander getrennten Granitblöcken". Weiters befaßte sich mit der Kultanlage am Hohen Stein der Urgeschichtsforscher Dr. J. Reitinger (Linz). Besonders eingehend aber beschäftigte sich damit der Leiter des Instituts für Landeskunde, Universi tätsdozent OR. Dr. E. Burgstaller, der u. a. den Antrag auf Unterstellung des Steines unter Naturschutz einbrachte und eine musterhafte Vermessung der Anlage durch Amtsrat Ing. W. Obergottsberger von der Landesbaudirektion Linz veranlaßte. Während dieser Ver messung im Jahre 1968 wurde auch eine ganze Reihe von bisher verschütteten Stufen an der Ost- und Westflanke der Felsen freigelegt. Beweiskräftige Anhaltspunkte über das Alter des Steinbauwerkes, wenn man es so nennen darf, fanden sich bisher nicht. Man kann vorläufig nur Vermutungen darüber anstellen nach den Aufschlüssen, die archäologische Grabungen im südlichen Mühlviertel und besonders im benachbarten Böhmen erbrachten^®. Danach griflF schon im 3. vorchrist lichen Jahrtausend eine wahrscheinlich mediterrane Rasse, die Träger der donauländischen Bauernkultur, auf unser Gebiet über, gefolgt von Vertretern der sogenannten Michelsberger Pfahlbaukultur, die nach einigen nordischen Vorstößen um 1900 v. Chr. von den „Glockenbecherleuten" und um 1200 - zur Zeit der dorischen und illyrischen Expansionen - von den Vertretern der Lausitzerkultur überlagert wurden. Das Volk der Kelten, das um die Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends in einer Art Bevölkerungsexplosionausihrer Urheimat seine Jungmannschaften in die ganze damalsbekannte Weltvorschickte und Frank reich, Spanien, die britischen Inseln, Norditalien, Teile Griechenlands,Thrakien,das einst hettitische Hochland Kleinasiens und vor allem auch das schweizerische und österreich ische Alpenland bis tiefin die ungarische Ebene hinein besetzte, drang als Herrenschichte schließlich um 350 bis 300 v. Chr. in Böhmen und Mähren ein. Es läßt sich denken, daß zujener Zeit hier sowohl die Kelten als auch die regional(von ihnen getrennten nördlichen Germanen von den kultischen Bräuchen der Vorbevölkerung beeinflußt wurden. Es wäre nun durchaus denkbar, daß das Heiligtum am Hohen Stein schon vor den Kelten entstanden ist, zu einer Zeit, da die im Westen und Süden längst verebbte, baulich in enger Beziehung zur Weltordnung stehende Megalith-Kultur im abgelegenen nordischen Raum noch ihre letzten Wellen bis in die Bronzezeit schlug. Stonehenge in England zum Beispiel wurde im Neolithikum begonnen, aber erst in der Eisenzeit (vielleicht durch die Kelten) fertiggestellt. Am Hohen Stein nun finden sich vereinzelt - wie dies bereits K. Jaeckl um die Jahr hundertwende festgestellt hat - sehr alte, besonders stark abgewitterte Spuren einer offen sichtlich künstlichen Bearbeitung. Die noch jetzt weithin erkennbaren großen Abstufungen hingegen sind so gut erhalten, daß man sie nicht weiter als höchstens in die späte Eisenzeit zurückdatieren möchte. Für die Anbringung derartiger Steinmetzarbeiten aber bildet die Organisation einer gut gelenkten Arbeitsgruppe eine unbedingte Voraussetzung. Wenn wir die Wahrscheinlichkeit annehmen, daß eine keltische Bevölkerung zuletzt den Kultstein für ihre Zwecke zurechtgerichtet hat, müssen wir uns wohl, um aus diesen Zwecken den Sinn des Steines zu erforschen, kurz mit den Berichten befassen, die uns über diese Völkergruppe zugänglich sind'^. Bereits um 500 v. Chr. liegen erste Erwähnungen "L. Franz, Eine keltische Niederlassung in Südböhmen. Prag 1942. Zur Literatur über die Kelten s. G. Grupp, Kultur der alten Kelten und Germanen. München 1905;J. Pokorny, Urgeschichte der Kelten und Illyrer. Halle 1938; J. de Vries, Keltische Religion. Stuttgart 1961, auf die ich mich im einzelnen beziehe. 107

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