OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

zählt die Anlage zu den „Schalensteinen", wovon es, bevor die industrielle Ausschrottungswelle einsetzte,im Mühl- und Waldviertel und bis hinein zum bayerischen Alpenland noch eine schöne Anzahl gab. Ohne beim Hohen Stein einen Zusammenhang mit echten Schalensteinen ganz ablehnen zu wollen, bedauere ich, daß Fr. Kießling neben den schalenförmigen Aushöhlungen der auffallendsten Eigentümlichkeit des Steines, nämlieh den gewaltigen Abtreppungen, keine Teilnahme entgegenbrachte. Dagegen darf er das Verdienst für sich in Anspruch nehmen, als erster die örtlichen Sagen über den Eibenstein aufgezeichnet zu haben, wie sie in dem Artikel von E. Burgstaller in diesem Heft z. T.im Wortlautwiedergegeben sind. Abgesehen von der ungeschichtlichen, sicher von Kießling selbst formulierten Gegen überstellung von christlichen Römern und heidnischen Deutschen, spricht die Sage Bände, und zwar für die Zeit der mittelalterlichen Vollkolonisierung. Bezeichnend ist die Erwähnung einer Holzkirche. Solche Holzkirchen sind für die Siedlerzeit durch Grabungen in der Kirche von St. Michael ob Freistadt(Rauhenödt)zum erstenmal von Dr. Benno Ulm nachgewiesen worden^''. Im übrigen hörte ich selbst von Leuten in Eibenstein, daß das verschleppte Bau material zuerst auf einem Hügel bei Summerau vorgefunden wurde und erst, als man dort bauen wollte, eine zweite Verbringung auf die Anhöhe von Rainbach erfolgte. Jedenfalls ist selten durch eine Sage eine lange, sonst reichlich dunkle Epoche aus der Tiefe der Jahrhunderte so anschaulich ans Licht gezogen worden. Wir erleben förmlich mit das Einsickern der mittelalterlichen deutschen Einwanderer in die bis dahin wenig zahlreiche Besiedlung und die Entschlossenheit der Neuankömmlinge, ihr Leben inmitten anfangs feindlicher Einheimischer nach bairisch-fränkischer und christ licher Art zu gestalten. Die mit Masken und Hörnern versehene „Wilde Jagd", die den Kirchenbau verhinderte, gemahnt an die noch heute gebräuchlichen Perchten im Salz burgischen und ließe darauf schließen, daß damals, im beginnenden Hochmittelalter, gewisse Kultbräuche noch lebendiges heidnisches Brauchtum im Land waren. Nachdem die neuen Siedler selbst noch nicht sehr gefestigt im Christentum waren, konnte solches Brauchtum gar wohl bei ihnen selbst verdrängte atavistische Regungen wieder wachrufen und es mußte der geistlichen und weltlichen Führung daher sehr daran gelegen sein, ein so gefahrliches Kultzentrum wie den Eibenstein durch eine christliche Kirche zu über lagern (wie dies ja üblich war,z. B. auch auf dem Wallfahrtshügel von Sonntagsberg,dessen Gnadenkirche auf einem „Wunder- und Zeichenstein" erbaut wurde). Die Überfalle auf die Kirchenbauer am Eibenstein und vielleicht auch eine nicht unbegründete Sorge, die stammesverwandte Bevölkerung im benachbarten Böhmen könnte sich der bedrängten Einheimischen annehmen, veranlaßten schließlich die Neusiedler, die erste Kirche doch abseits von dem unheimlichen Stein in Rainbach als der zentraleren Lage zwischen den Neusiedlungen zu erbauen. Wichtig für uns ist, daß der Heidenstein während der mittel alterlichen Kolonisation seine einstige Bedeutung noch nicht ganz verloren hatte. Eine solche Bedeutung müssen wir ihm schon deshalb beimessen, weil von den übrigen örtlichen „Opfersteinen" in den transdanubischen Gegenden Konflikte kriegerischer Art nicht berichtet werden. Von dem übrigen Schrifttum über den Hohen Stein ist noch ein Aufsatz von Dr. L. Kühnelt in der „Linzer Tages-Post" vom 3. Juli 1932 bekannt. Er enthält einige genauere Benno Ulm, Grabungsergebnisse. Im Rahmen der Abhandlung „Archäologisch-kunsthistorische Forschimgen an der Filialkirche St. Michael ob Rauhenödt,Bez.Freistadt,von Norbert Wibiral, Jb. d.oö. Mus.-Ver. Linz 1958. 106

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