OÖ. Heimatblätter 1969, 23. Jahrgang, Heft 1/2

zu diesem Vorbild gelangte.Esistschwerzu entscheiden,ob man hierin Steyr von Anregungen der Humanisten, deren Beschäftigung sich ja auch über die Renaissancethemen erstreckte, sprechen muß oder ob es sich um wiederauflebendes oder noch vorhandenes Formgut handelt. Ahnliche Fragen tauchen auch bei dem verflochtenen Drachen des Sakristeitürgriffes in Lorch auf, bei den Bannknoten an den Fensterkörben der Welser Burg,bei dem Widderkopf vor der Sonnenrosette in Neunkirchen beiLambach usw.Lebtnichtindem Zuggriffder Mondseer Sakristeitüre von 1487 der Schmuckstil der Völkerwanderungszeit wieder auf? All diese Beispiele wie auch das schier unfaßbare Weiterlaufen alter Zusammenhänge in der Sonnen spirale an der Nordtür von Hart lassen diese Äußerungen der Volkskunst als zeitlos erscheinen. Wenn man einmal beginnen wird,sich mitdiesen„Renaissanceströmungen"zu beschäftigen, wird der Eisenkunst gerade in diesem Abschnitt der Kulturgeschichte eine bedeutende Rolle zufallen. Andere Eisenkunstvorkommen aus dieser ersten Zeit des beginnenden Überganges sind formal interessant, etwa die Zellenmusterung am Gitter des Sakramentshäuschens in Altenburg, der romanisch wirkende Zugring an der Nordtüre der Kirche in Arbing, die seltsamen Zugringe in Fränking und Heiligenleithen. Einmalig für unser Gebiet ist das dichte, reizvolle Ziermuster an der Blumentüre von Dörnbach bei Linz. Die reiche Kunstentfaltung der Spätgotik bricht im dritten Jahrzehnt des 16. Jahr hunderts ziemlich jäh ab. Humanismus und Renaissance, Glaubenswirren, Bauernkriege und Türkengefahr leiten die Neuzeit ein. Die Eisenkunst als Kunst des Handwerks ist für einen solchen Zeitumschwung besonders empfindlich. Stark mit dem Volke verwurzelt, muß sie zunächst mit dem Bruch der Tradition verarmen. In den folgenden vierzig Jahren lassen sich nur wenige Eisenarbeiten in Oberösterreich feststellen, die im Verhältnis zu denen der Spätgotik plump und im Ausdruck tastend sind. Die Eisenkunst der Neuzeit wird von einer Grundform, der Spirale, beherrscht, die sich in drei Generationen zu einem Charakteristikum des 17. Jahrhunderts entwickelt hat. Ihre Vorform sind die drei Motive der Eisenkunst: 1. der Aststab mit der Einrollung des Stengels, der noch bis in das 17. Jahrhundert sein Eigenleben behält (Linz, Steyr, Gmunden); 2. die ab 1515 immer mehr verdorrende Schlüsselführung, von der gleichsam nur mehr die Stengel der einstigen reichen Blechschnittblätter stehen bleiben, die sich ebenfalls einrollen (Beschlag am Südtor von Altenburg, Beschlag an einem Sakristeischrank in Ranshofen); 3. die Abspaltungen an den Mittelringen der Fensterfüllungen,den„C-Schnörkeln" der gleichzeitigen Kalligraphen vergleichbar (Gitter am Landhausturm in Linz). An der Schwelle der neuen Stilentwicklung steht als Gebrauchsgegenstand die Laterne im Sterbezimmer des Kaisers Maximilian in der Burg zu Wels: ein seltenes Stück des Über ganges, nicht ohne die Romantik der Maximilianischen Zeit; ein buntbemaltes Blechschnitt gehäuse mit massiven Löwen, hörnernen Laternenfenstern und drei Kerzenhaltern, in dem gleichfalls das neue Spiralthema in seinen frühesten Anfangen zu betrachten ist. In diesen Jahrzehnten bleiben in den Städten die mächtigen Dome unvollendet, am Lande werden keine Kirchen mehr gebaut. Dafür errichtet der Adel seine Schlösser, schmükken die Bürger ihre Häuser. Mit der neuen Türform taucht nun die Oberlichte auf(Gmunden, Waizenkirchen). Neben dem Fenstergitter beginnt sich der Fensterkorb zu entwickeln (Seeschloß Ort). Hingegen zeigen die mit 1568 datierten Fenstergitter im Turm des Land hauses in Linz mißverstandene Fischblasen mit aus ihren Enden sprießenden Blättern und damit die Beharrungstendenz im Schmiedehandwerk, die noch offensichtlicher wird bei einem Vergleich mit der gleichzeitig entstandenen venetianischen Marmorfassade desselben 8

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