OÖ. Heimatblätter 1968, 22. Jahrgang, Heft 3/4

Die generelle geologische Situation des Siedlungsraumes von Ternberg wird bestimmt durch den Eintritt des naturgemäß wirtschaftlich bedeutenden Ennsflusses aus den steilaufragenden, mesozoischen Kalk- und Dolomiterhebungen der Kalkvoralpen in das flache und sanfte Hügelland der anschließenden Kreideflyschzone. Der tektonische und fazielle Aufbau dieser geologischen Grenzzone ist gekennzeichnet durch die Aufschiebungslinie der Ternberger-Decke als Teil der ostalpinen Decken-, Falten- und Schuppenelemente auf die nördlich vorherrschende Flyschzone im Bereich des heutigen Bäckengrabens. Die fazielle Entwicklung der vorwiegend ost-west streichenden Ternberger-Decke ist gekennzeichnet durch Neokom- und untercenomane Sandsteine der Kreidefacies als Muldenfüllung in den hier vorherrschenden Juraablagerungen, die wiederum in steilen Aufragungen bzw. Schollen von Vilserkalken, Jurahornsteinkalken und vorwiegend mergeligen Ablagerungen der Liasfacies (Liasfleckenmergel) vertreten sind. Die im engeren Raum bedeutendsten Ennszuflüsse in deren linken (hier südlichen) Talflanke, Wendbach und Trattenbach, durchqueren in ihren vorwiegend süd-nord verlaufenden Taleinschnitten die Gesteinsserien der südlich anlagernden Triasaufragungen (Reichraminger Decke) und erschließen dadurch die ansonsten unwegsamen, steilen Talflanken des Ennsflusses. Etwa im Bereich des Bäckengrabens öffnet sich die Landschaft in weite Talungen und sanfte Höhen, bedingt durch die stark der Verwitterung unterworfenen Ablagerungen der Kreideflyschzone. Eine fortlaufende Wechsellagerung von festen Sandsteinbänken mit weichen Zwischenlagen von Schiefertonen und Mergeln ist für diese durchwegs nach Süden einfallende Gesteinsserie typisch. Was bedeuten diese kurzgefaßten geologischen Hinweise für die siedlungsgeschichtlichen Voraussetzungen des Ternberger Raumes? Die morphologisch deutlich abgesetzten Einschaltungen der Kreideablagerungen in den sonst vorherrschenden Kalkserien der Ternberger-Decke bedingen verhältnismäßig großräumige Verebnungen innerhalb der steilaufragenden Jurakalkwände und ermöglichen als saftiger, meist unbewaldeter Untergrund, Landwirtschaft und Viehweide bis in Seehöhen von 500 bis 800 m. Die tiefeingeschnittenen Täler der Ennszubringer erschließen die reichen Waldbestände und ermöglichen die Nutzung des bescheidenen Gerinnes durch zahlreiche Mühlgänge. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Erwähnung des ehemals reichen Eisenvorkommens im tieferen Wendbachtale, auf das anschließend noch kurz eingegangen werden soll. Ein völlig anderes Bild bietet die weiträumige Hügellandschaft der nördlich anschließenden Flyschzone. Hier bedingen Höhenlage und Klima bereits die optimalen Voraussetzungen der Feldwirtschaft des Alpenvorlandes. Darüber hinaus bietet sie durch ihre milden Oberflächenformen die erste Möglichkeit von verkehrsmäßig interessanten Ost- West-Verbindungen nördlich der Kalkalpenzone, deren räumlich weit auseinanderliegende Süd—Nord-Übergänge bis zur heutigen Zeit keine oder nur wenige Querverbindungen zulassen. In wirtschaftlicher Hinsicht bieten die zu einem fruchtbaren Boden verwitternden Gesteine des Kreideflysches mannigfache Verwendung. Die oft mächtigen Sandsteinbänke werden von alters her zu Mühl- und Bausteinen verarbeitet; lokale Anreicherungen von Mergellagern fanden früher willkommene Verwendung als Zusatz bei der Felddüngung. 51

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2