OÖ. Heimatblätter 1968, 22. Jahrgang, Heft 3/4

Die letzte „Fuhr“ mit Naturkipfen auf dem Hallstätter See Von Friedrich Morton Zur Erzeugung der großen, dem Salztransport entlang der Traun dienenden Zillen wurden ebenso wie für die heute noch gängigen Plätten die sogenannten Kipfen benötigt. Das sind naturgebogene Wurzel-Stammstücke, die von einer eigenen, längst abgekommenen Gilde, den Kipfengrabern, herbeigeschafft wurden. So kam es, daß Jahr für Jahr die Wälder von den Kipfengrabern durchsucht wurden, um junge Stämme mit Wurzeln in entsprechender Krümmung zu finden. Begreiflich, daß die Waldbesitzer diese Kipfengraber als arge Schädlinge des Waldes ansahen. „Vom 16. bis in das 18. Jahrhundert blieb in dem weiten, reservierten Bezirk von der Salzburger bis zur niederösterreichischen Grenze kein Wald von der Suche nach Kipfen befreit. . .“, schrieb Schraml in seinem grundlegenden Werke über das oberösterreichische Salinenwesen1. Nach diesem Autor beschwerte sich der Abt von Kremsmünster im Jahre 1594, daß durch die Kipfengraber aus den Stiftswäldern nicht weniger als 2700 Stämme jungen und besten Holzes dem Kipfenbedarf zum Opfer gefallen waren. Er schrieb u. a.: „. . . dieses meines Gotteshauses bestes Kleinod dermaßen durchgraben und solcher Schaden darin geschehen, darüber die Holzknechte selbst----- Erbarmen haben.“ Da der Staat auch Kriegsschiffe zu bauen hatte, nahm der Verbrauch an Kipfen immer mehr zu. Für 60 „Tschaiken“ (Kriegsschiffe) waren nicht weniger als 3480 Erdstämme nötig2. In den Waldungen des Stiftes Mondsee wurden zwischen 1719 und 1726 dreizehntausendsiebenhundertelf Kipfen ausgegraben, wozu ungefähr sechstausend Bäume ihr Leben lassen mußten!3 Das Abdichten („Schoppen“) der Fugen erfolgt mit dem „Fuhrschoppmias“. Es handelt sich um das weitverbreitete Moos Rhytidiadelphus triquetrus. Als ich mir im Jahre 1920 die erste „Fuhr“, wie die Plätten hier heißen, machen ließ, hatte sie selbstverständlich nur Naturkipfen. Ebenso war dies bei den zahlreichen anderen Fuhren des Sees der Fall. In den dreißiger Jahren tauchte aber auf einmal eine Fuhr auf, bei der die Naturkipfen durch lärchene Kanthölzer ersetzt waren. Das lange Kantholz ging auf dem Boden quer über die Fuhr, die beiden aufstrebenden waren durch Winkeleisen mit ihr verbunden. Als ich mir im Jahre 1957 wieder einmal eine Fuhr machen ließ, wurde ich ausdrücklich gefragt, ob ich noch Naturkipfen haben wolle. Sie seien wesentlich teurer, da die Kipfen erst nach stundenlangem Suchen gefunden werden könnten. Ich entschied mich für Naturkipfen, denn die lärchenen Kanthölzer paßten mir nicht in das Bild der Fuhr als eines Nachkommen des Einbaumes. Nun ist der Siegeszug der Lärchenkantholz-Kipfen ein vollkommener geworden. Mein Boot ist das einzige auf dem Hallstätter See, das noch Naturkipfen besitzt! Aus diesem Grunde hielt ich es für richtig, diese Fuhr noch im Bilde festzuhalten. Der „Pimmert“, also die den Kipfen aufliegenden, in zwei Teilen zusammenhängenden Laufbretter, sind entfernt. Abb. 1 zeigt die Gesamtansicht, Abb. 2 eine Detailaufnahme eines Kipfenpaares. 1 Schraml Karl, Das oberösterreichische Salinenwesen vom Beginne des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Wien 1932, Seite 248. 2 Schraml, a. a. O. 3 Schraml, a. a. O. 45

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