OÖ. Heimatblätter 1968, 22. Jahrgang, Heft 3/4

Kessel und Höllenloch Periodische Riesenquellen des Salzkammergutes Von Friedrich Morton Der „Kessel“ am Südende des Hallstätter Sees gehörte ebenso wie der unweit von diesem gelegene „Hirschbrunn“ zu den beliebten Ausflugszielen der Fremden im neunzehnten Jahrhundert. Sie ließen sich im Sessel hintragen oder benützten die „Fuhr“, die Nachfahrin des Einbaumes. Schon der oft zitierte Reiseschriftsteller J. A. Schultes berichtet von diesen Riesenquellen, deren Wesen er bereits damals voll erfaßte1. Schultes beschreibt anschaulich das Schauspiel, das Hirschbrunn und Kessel bieten. Um 13 Uhr ist das Felsenbett des Hirschbrunns trocken. Auf einmal kommt ganz unten, am Fuße des Felsbettes, ein kleines Wasserrinnsal zum Vorschein. Es verstärkt sich, immer weiter nach oben quillt das Wasser aus dem Fels, bis schließlich ganz oben, wo ein mit Blöcken „vermachter“ Schacht in den Berg hineinführt, ein tobender Wasserschwall hervorbricht, der sogar aus der Ferne, von der Bahnhaltestelle aus, gesehen werden kann. In ein paar Stunden ist alles vorbei, und das Felsenbett liegt mit seiner samtgrünen Moosdecke so verlassen da, als ob es hier nie ein Wasser gegeben hätte. Der Kessel „geht“ wesentlich seltener. Während der Hirschbrunn im Mai und Juni, zur Zeit der Schneeschmelze auf dem Plateau, aber auch später bei schweren Regenfallen oben in Tätigkeit zu sehen ist, können beim Kessel viele Jahre vergehen, ehe sich sein Wasserschwall aus dem düsteren Felsenloche über das kurze Felsenbett ergießt, das dann im „Hirsch- auträunl“ seine Fortsetzung findet. Die Wassermassen können so gewaltig sein, daß sie die Fahrstraße, die unweit des Kessels vorbeiführt, überfluten. Es ist ein großartiges Schauspiel, wie es nicht oft zu sehen ist! Aus einer trigonometrischen Aufnahme des Kessels, die von dem seither verstorbenen Major Heinrich des Bundesvermessungsamtes freundlicherweise für mich durchgeführt wurde, geht hervor, daß bei einem Seespiegelstande von 508.49 m der Spiegel des Kesselwassers bei 509.59 m liegt, also um 1.10 m höher als der See. Nach Norden zu, also seewärts, wird der Kessel durch eine Felswand abgeriegelt, die 513.07 m erreicht. Wie bereits erwähnt, kann bei sehr starker Wasserführung der Kessel übergehen und die Fahrstraße (511 m) überfluten. Sogar die Brücke, unter der das Kesselwasser für gewöhnlich in das Hirschauträunl fließt, wurde einmal weggerissen. Der „gehende“ Kessel bietet einen prachtvollen Anblick. Schäumend kommt das bräunliche Wasser hervor und hebt sich von der schwarzen Felswand im Kesselhintergrunde scharf ab. Über diesem finsteren Schlunde stehen überhängende Buchen. Eine Analyse des Kesselwassers im Jahre 1928 ergab folgende Bestandteile: 1 I. A. Schultes, Reisen durch Oberösterreich. I. Teil. Tübingen 1809 S. 99 ff. An weiterer Literatur siehe: Simony, Friedrich, Das Dachsteingebiet. Wien 1895. Bild 20 und 21 auf Seite 37 und 39. Morton, Friedrich, Beobachtungen über Temperatur und Wasserführung der Hirschbrunn-Quellen bei Hallstatt. (Archiv für Hydrobiologie, XX, 1929: 88-92. Mit einer Karte des Quellbezirkes von Major Heinrich. Morton, Friedrich, Der Kessel bei Hallstatt. (Archiv für Hydrobiologie, XXI, 1930. S. 127-130. Mit einer Präzisionskarte des Kessels.) Abel, Schauberger und Tisch, Planaufnahmen und Zeichnung des Kessels auf Grund der Untersuchung am 26. Februar 1961. Kessel am Hallstätter See. (Höhlenkataster Nr. 1611/101). Grundriß und Aufriß. 43

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