OÖ. Heimatblätter 1968, 22. Jahrgang, Heft 3/4

Die Verehrung der Siebenschläfer in Oberösterreich Von Robert Schindler Die Siebenschläfer waren der Legende nach sieben edle Jünglinge aus Ephesus, die sich zu Christus bekannten. Als Kaiser Decius die Christen verfolgte, verbargen sie sich in einer Höhle. Der Tyrann erfuhr dies und ließ den Eingang zur Höhle mit großen Steinen verschließen. Die Jünglinge fielen sogleich in tiefen Schlaf, der durch ein Wunder Gottes 187 Jahre andauerte. Nach Ablauf dieser Zeit räumten die Sklaven des Adolius zufällig die Steine weg, um sie zum Bau eines Hauses zu verwenden. Als die Sonne in die Höhle drang, erwachten die Jünglinge. Da sie Hunger spürten, sandten sie einen von ihnen heimlich in die Stadt, um dort Brot zu kaufen. Beim Bäcker zahlte der Jüngling mit einer alten Münze des Decius. Da er sich auch durch seine sonderbare Kleidung und Sprache verdächtig machte, brachte der Bäcker ihn vor den Richter. Gegenseitige Fragen führten zu der Entdeckung, daß die Jünglinge fast 200 Jahre geschlafen hatten. Der Bischof von Ephesus, der Magistrat und das Volk, ja sogar der Kaiser Theodosius selbst eilten nun zur Höhle, um die Langschläfer zu sehen. Diese erzählten ihre Geschichte und verschieden im Augenblick danach ruhig im Herrn. Dies ist eine kurze Fassung der viel variierten Legende. Die Dauer des Schlafes der Jünglinge wird manchmal auch mit 193 Jahren oder gar mit 309 Jahren angegeben. Die Legende der Sieben Schläfer ist weit verbreitet. Im Orient galten sie auch als Beschützer der Seefahrer. Auf türkischen Bildern von Kriegsschiffen sind sogar die Namen der Sieben auf Bug und Segel gemalt. Dies ist daraus zu erklären, daß die' sieben Sterne des Großen Bären oder Himmelswagen, mit deren Hilfe man ja den Nordpunkt (Himmelspol) finden konnte, personifiziert wurden und Namen erhielten, so im alten Iran und im alten Indien. In christlicher Zeit wurden die Siebenschläfer von Ephesus daraus. Über die Sieben Schläfer ist schon sehr viel geschrieben worden. Kurze Auskunft über diese Heiligen geben die größeren Lexika und die zahlreichen Bücher über Heilige. 1883 befaßten sich John Koch mit dem Ursprung und der Verbreitung der Siebenschläferlegende1, 1910 Martin Huber2. Beide Arbeiten sind höchst wertvoll wegen des Fleißes, mit dem das Material zusammengetragen und geordnet wurde, doch werden sie jetzt überstrahlt von dem Werk des Spezialisten Louis Massignon über die Frage der Siebenschläferlegende3. Hinzuweisen ist ferner auf die Arbeit von R. Kriss, der sich in seiner Beschreibung des Volksglaubens in den islamischen Ländern auch mit der volkstümlichen Wallfahrt zu den Felshöhlen des Mukattam-Gebirges im Südosten von Kairo befaßt hat1. Herbert Paulus5 nennt in einem Artikel über die Siebenschläfer als ihnen geweihte Kapellen und Kirchen in Deutschland: Rotthof (Passau), Stegerauch (Bamberg), Unterrieden (Augsburg) und als älteste Darstellung ihrer Legende in Deutschland jene im Kapitelsaal zu Brauweiler. Paulus übergeht in seiner Zusammenstellung der Verehrungsstätten 1 John Koch, Die Siebenschläferlegende, ihr Ursprung und ihre Verbreitung Leipzig, 1883. 1 Martin Huber, Die Wunderlegende von den Siebenschläfern. Leipzig, 1910. Siehe jetzt auch Robert Schindler, Die Siebenschläfer und ihre Legende, ihr Kult, ihr Brauchtum. In: Ostbairische Grenzmarken (1961), 195 ff., und Josef Hofbauer, die Beschreibung der Siebenschläfer-Kirche in Rotthof, a. a. O. II (1958), 225 ff. 3 Louis Massignon, Les sept dormants d’Ephese (AHL-AL-KAHF) en Islam et en chretiente. Recueil docu- mentaire et iconographique. Paris 1955-1957, 3 Teile, und ders., La Crypte-Dolmen des VII Saints Dormants d’Ephese au Stiffel en Plouaret; Extrait des Mem. de la Soc. d’Emulation des C.D.N. Saint-Brieuc 1958. * Rudolf Kriss, Volksglaube im Bereich des Islam. Wien 1960 ff., 2 Bände. s Herbert Paulus, Die Religion in Geschichte und Gegenwart. 3. Auflage. Leipzig 1962, Bd. VI, S. 25 39

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