OÖ. Heimatblätter 1968, 22. Jahrgang, Heft 3/4

Pechöls ergab fast reines Terpentin, das zur Wundbehandlung sehr gut geeignet ist. Besonders bei krankem Vieh wurde der Heilsam benützt. So wurde bei beginnender Maul- und Klauenseuche der Heilsam in das Gebiß der erkrankten Tiere gerieben und soll nach Aussagen alter Bauern gute Wirkung gehabt haben. Bei Hufverletzungen der Pferde und Rinder, bei eiternden Wunden und sonstigen Geschwüren wurde der Heilsam als Helfer herangezogen, ebenso wenn die Schweine verschnitten wurden. Aber auch für die Menschen wurde diese Volksmedizin bei Wunden und Quetschungen verwendet. Da beim Pechölbrennen Holzkohle anfiel, konnte auch diese in den kleinen Handschmieden Verwendung finden, die früher in fast jedem größeren Bauernhof des Mühlviertels vorhanden waren. Einschichtige Bauern schmieden sich ja noch heute Beschläge und Werkzeuge des täglichen Gebrauches selber. Die großen Fortschritte in der Medizin und die Krankenversicherungen haben dazu beigetragen, daß das Pechölbrennen zurückgegangen ist, ja fast ganz aufgehört hat. Auch die städtischen Sommerfrischler, welche die alten Bräuche gern als Aberglauben bezeichnen, dürften den Rückgang beeinflußt haben. Die Plätze, wo Pechöl gebrannt wurde, sind verödet, die Steine, die mit so viel Mühe für das Brennen hergerichtet und gemeißelt worden waren, sind mit Moos und Kräutern überwuchert und allmählich dem Waldboden gleich geworden.Sie sind vielfach kaum mehr kenntlich. Die Generation, die das Brennen noch geübt hat, ist ausgestorben, und die jungen Leute haben kein Interesse mehr daran. Nur ganz vereinzelt wird heute noch gebrannt. Es braucht auch nicht jedes Jahr gebrannt zu werden, da ein Meiler auf einem Stein mittlerer Gföße bis zu 15 Liter Pechöl liefert. Die Brenndauer beträgt hiezu ungefähr zwei Tage und Nächte. Das Brennmaterial wird auch nicht kurz vor dem Brennen gesammelt, sondern bei Schlägerungen im Laufe von einigen Jahren - soferne es stark kienig ist — beiseite gelegt und der Sonnenbestrahlung ausgesetzt, damit es gut austrocknen kann. Wenn dann Zeit zum Brennen ist, jetzt gewöhnlich im Spätherbst, wird es gespalten und zerkleinert, wie eben zum Aufbau des Meilers erforderlich. Eigentlich sollte man nicht vom Brennen sprechen, da das Kienholz nicht zu Asche verbrannt wird. Daß man dennoch von Brennern und nicht von Köhlern spricht, mag seinen Grund darin haben, daß der Hauptzweck eben die Gewinnung des Pechöls und nicht die der Holzkohle ist. Soweit die bisherigen Erhebungen besagen, kommen in ganz Europa die Pechlsteine nur im Mühlviertel vor, und auch hier nur im westlichen Teil. Man kann ihnen daher einen kulturhistorischen Wert wohl zusprechen. Es ist also erforderlich ihre Zahl und Lage festzustellen und womöglich auch das Alter der Steine zu ergründen. In den vierziger Jahren dieses Jahrhunderts soll es noch ungefähr 80 Pechlsteine gegeben haben. Manche wurden gespalten und zu Bauzwecken verwendet, manche sind, wie bereits erwähnt, im Erdboden dem Auge entzogen. Immerhin konnte der Verfasser noch die genaue Lage von 25 derartigen Steinen feststellen und in der beigegebenen Karte vermerken. Außerdem wurden von allen diesen Steinen die Zeichnungen der Rinnen aufgenommen und hier wiedergegeben. Für den Pechölstein von Hundsdorf bei Gutau (Stein 1) führte in dankenswerter Weise die Abteilung Vermessung der Landesbaudirektion (Leitung Hofrat Ing. Franz Sapp) durch Amtsrat Ing. W. Obergottsberger eine sorgfältige Vermessung durch. Sie gestattete in liebenswürdiger Weise die Wiedergabe der dabei angefertigten Profile in der vorliegenden Publikation. Im folgenden werden die bisher aufgefundenen 25 Steine beschrieben, wobei die nachstehenden Abkürzungen verwendet werden: 15

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