OÖ. Heimatblätter 1968, 22. Jahrgang, Heft 3/4

Die Pechölsteine im oberösterreichischen Mühlviertel Von Ernst Fietz Ein zarter Rauch kräuselt aus einer kleinen Waldlichtung, würzigen Harzgeruch verbreitend. Der Rauch kommt aus einem kleinen Meiler im Gschwandtgraben in der Ortsgemeinde St. Leonhard bei Freistadt. Um den Meiler hocken schweigend drei Männer und beobachten den Meiler, dafür sorgend, daß das Holz nur langsam giosend niederbrennt und daß das abrinnende Pech ohne Verlust in einen Behälter tropft. Man schrieb das Jahr 1933, und es war herbstliche Zeit. Die Leute waren,, Pechlbrenner“ und der Stein, auf dem der Meiler errichtet war, war ein „Pechlstein“. Das gewonnene Pech wurde als Wundmedizin und, mit Fett vermischt, als Wagenschmiere verwendet. Es ist ein sehr alter Brauch, der sich hier im Gschwandtgraben vollzog. Als Material zum Pechbrennen verwendete man Kiengallen, die harzreichen Auswüchse von kranken Föhren, die Kernstücke von Wurzelstöcken und schließlich zerkleinertes, harzreiches Föhrenholz. Diese Holzsorten wurden pyramidenförmig aufgeschlichtet, wobei die untersten größeren Holzstücke zusammengebunden wurden, damit sie stehen konnten. Die weiteren Hölzer wurden nach oben immer kleiner und zum Schlüsse kamen Späne. Dann wurde der kunstvoll aufgebaute Meiler sorgfältig mit Rasenstücken verkleidet und mit Erde und Schmiedzunder abgedichtet. Als Unterlage dienten geeignete Steine, die eine möglichst ebene Oberfläche mit einer Neigung von 1 zu 3 bis 1 zu 10 hatten. Damit das Pech sicher abgeleitet werden konnte, waren die Steine im allgemeinen mit Rillen versehen, die die Form eines Blattes mit seinen Rippen haben, also eine mittlere Hauptrinne, in welche von beiden Seiten die Nebenrinnen münden. Natürlich mußte bei der Rillenanordnung auf die Unebenheiten der Oberfläche Rücksicht genommen werden. Diese Steine haben verschiedene Bezeichnungen: Pechlsteine (Pechölsteine), Pechschmiersteine und Speckschmiersteine. Um das abtropfende Pech gut auffangen zu können, endete die mittlere kleine Rinne entweder in einem Loch, das durch den Stein gebohrt worden war, unter welches das Auffanggefäß gestellt wurde, oder die Rinne blieb offen bis zur Felskante, die unterhaut war, um Platz für das Auffanggefäß zu schaffen. Manchmal wurde auch eine kleine Holzrinne oder ein Holzröhrl zur Ableitung verwendet. Das Auffanggefäß war ein Topf oder eine Kanne oder ein Holzschaffei. War das Gefäß voll, so wurde die obere wässerige Schichte abgeschöpft. Das so gewonnene Pech hatte eine dunkelbraune, fast schwärzliche Farbe und hieß Pechöl oder Pechschmiere. Das bei einem Meiler zuerst abtropfende Öl wurde als „Heilsam“ bezeichnet. Nach altem Brauche wurde der zum Brennen hergerichtete Meiler zu Mittag, also beim Sonnenhöchststand, oben angezündet und das Feuer, wie schon erwähnt, von drei Männern — gewöhnlich waren es die Besitzer, Großvater, Vater und Sohn - schweigend durch 24 Stunden genährt. Und das Pechöl, das in diesen 24 Stunden gewonnen wurde, war der „Heilsam“. Der Heilsam durfte nicht verkauft, sondern nur an Nachbarn verschenkt werden. Nach Ablauf der 24 Stunden, also wieder beim Höchststand der Sonne, kamen dann Frau und Kind, brachten Essen und Kurzweil. Das noch weiter gewonnene Pechöl wurde mit Fett aus Schweinedärmen vermengt und als gute Wagenschmiere verwendet. Der Heilsam war also ein Heilmittel. Zu diesem Zwecke wurde er entweder pur angewandt, wenn er eine ölige Konsistenz und eine lichte Farbe hatte, oder mit Butter und Bienenhonig zu einer Salbe verarbeitet. Die chemische Untersuchung des unvermischten 14

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2