OÖ. Heimatblätter 1968, 22. Jahrgang, Heft 1/2

nächsten Verwandten zum gedeckten „Ehrentisch", wobei er ihnen die vorgesehenen Sitz plätze anwies; die weiteren Hochzeitsgäste nahmen an den übrigen Tischen Platz. Vor dem Hochzeitsmahle waren die Ehrentänze üblich. Den ersten Tanz hatte der Erste Brautführer mit der Braut,den zweiten der Zweite Brautführer mit der Mitbraut,den dritten der Dritte Brautführer mit der Kranzlbraut. An diese Ehrentänze schloß sich ein allgemeiner Tanz. Kurz vor zwölf Uhr mittags stellte der Ladmann das Tanzen ein. Beim Ertönen der Mittags glocke sprach er sodann laut das Tischgebet. Der nun folgende Hochzeitsschmaus („das Mahl"), das als strenge Speisenfolge Knödelsuppe, Rindfleisch mit Kren, Kalbsbraten mit Salat und Torte vorschrieb, wurde durch Ansprachen, vornehmlich die des Pfarrers, der die Ehe eingesegnet hatte, durch Musikvorträge, Aufsagen von Gedichten und dergleichen unterbrochen. Das Mahl der Ehrengäste ging auf Rechnung des Bräutigams, die übrigen Hochzeitsgäste zahlten sich das Mahl selbst. Gegen Ende des Mahles erschien die Köchin mit einem silbernen, mit Bändern und Blumen geschmückten großen Schöpflöffel, eine kleine Spende für das Küchenpersonal erbittend. Nachmittags stellte sich die ganze Hochzeitsgesellschaft dem Photographen. Anschließend begann der Tanz, der nun bis über Mitternacht dauerte und nur zeitweise unterbrochen wurde. Ein Hauptvergnügen bildete das Brautstehlen. Einer der nächsten Verwandten und dessen Freunde hatten die Braut entführt; sie wurde gewöhnlich in ein in der Nähe gelegenes Gasthaus gebracht. Hier wurde nun Wein getrunken, bis der unachtsame Brautführer sie fand und durch Bezahlen der Zeche die Braut auslöste. Beim Ertönen der Abendglocke wurde der Tanz unterbrochen. Der Ladmann sprach das Abendgebet und anschließend „den Abenddank". Im Namen des jungen Paares dankte er allen Hochzeitsgästen, den Spielleuten und den Wirtsleuten. Nun reichte der Bräutigam seiner Braut den Weinbecher, nachdem er vorher selber daraus getrunken hatte („der Brauttrunk"). Anschließend wurde ein kleiner Abendimbiß genommen. Nun trat der Ladmann in die Mitte des Saales und sprach das Folgende: „Liebwerte Hoch zeitsgäste! Ich stelle jetzt zwei zinnerne Schüsseln auf und lege aufjede ein Tuch darauf. Daß man heute'was schenken tut, ist Brauch, und daß man es gern annimmt, glaube ich auch. Sind's Gulden oder Dukaten, werden nicht leicht zu viel und bringen kein' Schaden. Auch hätte ich gemeint, man sollte der Braut 'was ehren, was sich zu ihrer Einrichtung tut gehören!" Die zinnernen Schüsseln („die Weisenschüsseln") standen auf dem Ehrentisch und waren mit weißen Tüchern bedeckt; unter diese legten nun die Hochzeitsgäste ihr Geldgeschenk. Der Dritte Brautführer und die Kranzlbraut nahmen die Geschenkpakete in Empfang und legten sie auf hiezu bereitgestellte Tische. Jedem Weisenden reichte der Bräutigam den Weinbecher und die Hand zum Danke. Während des Weisens spielten die Musikanten vertraute Melodien, sang die Jugend schöne Volkslieder. Nach dem Weisen begann sogleich wieder der Tanz. Nun durfte auch der Bräutigam zum ersten Male an diesem Tage tanzen. Unter dem Jubel der Anwesenden umfing er seine jugendliche Braut und führte sie auf den Tanzboden. Um die mitternächtliche Stunde verabschiedete sich das Hochzeitspaar; bald daraufbegaben sich auch die verheirateten Gäste nach Hause, die Jugend aber tanzte bis in den frühen Morgen hinein.

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