Eine Bauernhochzeit im St. Wolfgang-Land Von Friedrich Barth Noch bis zurJahrhundertwende wurde das Hochzeits-Brauchtum in den bäuerlichen Kreisen des St.-Woifgang-Landes nach ältestem Herkommen gepflegt. Erst die anschließenden Jahrzehnte haben manches daran geändert, doch im wesentlichen blieb das einstige bäuer liche Hochzeits-Brauchtum bis auf den heutigen Tag unverändert. Waren die beiden jungen Leute einig, so kam die Werbung. Der Bursche fragte persönlich oder durch einen Freiwerber bei den Eltern seiner Auserwählten an,ob sie einer Verbindung derselben mit ihm zustimmen wollen. Diese Form der Werbung galt auch dann, wenn die Verbindung dieserjungen Leute eine von den beiden Vätern ohnehin schon längst beschlos sene Sache war. Bei der bald darauf folgenden Besichtigung des künftigen Heimes der jungen Leute („das Anschauen") wurden Ladung, Hochzeitstag, Hochzeit und die weiteren geschäftlichen Seiten der bevorstehenden Verehelichung besprochen. Ein paar Tage darauf gingen die Verlobten in den Pfarrhof „beten", das heißt sie legten vor dem zuständigen Pfarrer das Brautexamen ab. Von dem Tage an, an welchem sie dann in der Kirche von der Kanzel herab „aufgeboten" wurden, galten sie als Brautleute. Nicht alle Wochentage eigneten sich gleich gut zur Hochzeit; besonders bevorzugt war der Montag. Die Zeit nach dem Abtrieb von der Alm bis Katharina, dann die Faschingszeit waren die gegebenen für dieses Fest.(Heute werden die Hochzeiten meist an einem Samstag gehalten.) Der Hochzeitstag war festgelegt; nun erfolgten die Einladungen („die Ladung"). Der Bräu tigam,der ausersehene Erste Brautführer und der Ladmann oder Prokurator(„der Prokräta"), ein Rosmarinsträußehen („die Rosmarinfeder") auf dem Hut, in der Hand den Ladstock, alles mit farbigen Bändern geschmückt, gingen nun von Haus zu Haus, zuerst zu den Ver wandten, Freunden und Nachbarn des Bräutigams, dann zu denen der Braut. In jedem Hause sagte der Ladmann seinen Spruch:„Der hier gegenwärtige Bräutigam (Franz Rieger) sowie dessen ehrengeachtete Braut (Katharina Linortner) werden am (Georgitag) in der Pfarrkirche zu St. Wolfgang feierlich getraut. Wir laden zu dieser Hochzeit herzlich ein. Zusammenkunft um neun Uhr im Gasthaus (Schwarzinger)!" Nach einem von der Hausfrau gereichten „Stamperl Zwetschkenen" und einem vorgesetzten kleinen Imbiß zogen die Hochzeitslader wieder weiter. Acht und oft auch noch mehr Tage waren sie manchmal auf dem Wege, bis sie auch die weit entfernt wohnenden Verwandten besucht und einge laden hatten. Im Hause der Braut, wo sie sich zum Schlüsse einfanden,gab es dann Schmalz koch, Krapfen, Schnitten und Schnaps. Am Donnerstag vor dem Hochzeitstage schickte der Brautvater durch die Sennerin aus seinem Stalle eine trächtige Kalbin („die Brautkuh"). Am darauffolgenden Samstag holte der Bräutigam alles das, was seine Braut als Heiratsgut von daheim mitbekam (Betten, Kästen und Truhen, angefüllt mit Wäsche und dergleichen) von dort ab („das Fötzn"). Dabei krachten die Böller, wenn die mit zwei Pferden bespannte, schöngeschmückte Fuhre vom Hause der Braut weg- und an den Nachbarhäusern vorbeizog. Auch das Rosmarin stöckerl, das die Mutter seinerzeit dem Täufling gesteckt hatte und das später von dem Mädchen sorgsam gepflegt wurde, durfte im neuen Heime nicht fehlen.
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