OÖ. Heimatblätter 1968, 22. Jahrgang, Heft 1/2

Der Schindelverbrauch für Legschindeldächer war sehr groß. Legschindeldächer mußten dreifach gelegt werden, das heißt, es lag immer nur ein Drittel der Schindellänge auf der nächsthöheren Dachlatte. Die Haltbarkeit der Schindeln wurde durch die im allgemeinen jedes zweite Jahr erfolgende Umdeckung erhöht; die Schindeln wurden umgedreht, die dem Wetter ausgesetzt gewesene Fläche nach unten gekehrt.^' Zur Haltbarkeit der Schindeln und zum raschen Abschmelzen des Schnees trug einstmals bei, daß man den Rauch nicht in Kaminen über das Dach führte, sondern ihn zwischen Dach- und Schindelfugen ab ziehen ließ.^® Daß Schindeln aufeinem steilen Dachstuhl länger halten, da der Schnee abrutschen und das Regenwasser rasch abfließen kann, leuchtet ein. Doch auf Steildächern mußten Schindeln genagelt werden. Dazu benötigte man sehr viele Nägel, die man mit der Hand erzeugen mußte, die daher viel Geld kosteten. Wer hatte es, wer wollte ungezwungen von dem alt gewohnten Legschindeldach abgehen,solange ihn die Schindeln nichts als die Arbeit kosteten? Und dazu kam, daß die Nägel um so teurer waren,je größer die Entfernung von den Er zeugungsstätten und den Eisenstraßen war. Im Salzkammergut wurdefür die Sudpfannen,für Geräte und Werkzeuge viel Eisen benötigt. Es wurde aus dem steiermärkischen Eisengebiet als Roheisenflossen eingeführt, in den Hammerwerken zu Grubegg bei Mitterndorf, kurze Zeit auch in Mitterweißenbach, und in dem auf Salzburger Boden gelegenen Weißenbach bei Strobl zu Schmiedeeisen zerrannt, soferne man nicht direkt aus der Steiermark Schmiedeeisen bezog, um im Salzkammergut Kohlholz zu sparen. Durch das Salzkammergut führte über den Pötschenpaß die Eisenstraße nach Oberösterreich und Salzburg. Bei den Verwesämtern gab es die Hofschmieden,in denen tüchtige Schmiede die benötigten Eisenerzeugnisse herstellten, unter den Nägeln verschiedenster Art natürlich auch Schindelnägel. Daß Schmiedegesellen für Kammergutsarbeiter billig oder als Gegen leistung für andere Dienste Schindelnägel machten, ist als sicher anzunehmen. Außerdem gab es selbständige Schmiede, die gegen Konkurrenz durch Hofschmiede Einspruch erhoben. Daß, nach dem Beispiel der Amtsgebäude, auch die Wohngebäude und Höfe von Kammer gutarbeitern und Bauern seit alter Zeit Steildächer hatten, ist gewiß. Ohne Zweifel sind das die bisher außeracht gelassenen Gründe, warum im Bereich nicht nur des Salzkammerguts und der Obersteiermark, sondern auch im oberösterreichischen Eisenver arbeitungsgebiet an Enns, Steyr und Alm Steildächer vorherrschen*", was in Abb. 233 über die Verteilung der Dachneigung in Heckls Oberösterreichischer Baufibel augenfällig dargestellt ist. Doch hielt sich das Legschindeldach überall dort, wo Eisennägel teuer waren, dagegen der Schindelholzbedarfdurch billigen oder kostenlosen Bezug aus Herrschafts- oder Gemeinschaftswaldungen gesichert war. Bei dieser Behandlung läßt sich eine erstaunlich lange Haltbarkeit der Schindeln erzielen. So teilte dem Ver fasser ein alter Mann in St. Georgen im Attergau, der sein Häuschen mit zollstarken Lärchenschindeln ge deckt hat, die er jedes zweite Jahr wendet, mit, daß er jeweils nur wenige angefaulte Schindeln durch neue ersetzen müsse und daß er noch nie das Dach ganz zu erneuern gezwungen war. In: E. Koller, Ein kaminloses Rauchküchenhaus, O.Ö. Heimatblätter,Jg. 14 (1960), ist die Mitteilung des Besitzers dieses Hauses (Au bei See am Mondsee) angeführt, daß Fichten- oder Tannenschindeln auf dem 38 Grad geneigten Hatisdach in den vom abziehenden Rauch bestrichenen Teilen wesentlich länger hielteii — bis zu 51 Jahre —,während sie aufden vom Rauch imbestrichenen Flächenje nach Schatten- oder Sonnenseite alle 15 bis 25 Jahre erneuert werden mußten. Siehe R. Heckl, O.Ö. Baufibel, Abb. 233 S. 186.

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