OÖ. Heimatblätter 1967, 21. Jahrgang, Heft 3/4

Brauchtumsaufzeichnungen aus dem St.Wolfgang-Land Die „Sonnwendschützen" Von Fritz Barth Die„Sonnwendschützen",die sich außerhalb des Marktessammelten,rückten amJohannistag um 2 Uhr nachmittags aus; um ungefähr 4 Uhr war der Umzug beendet; anschließend wurden die „Schützen" in der Lebzelterstube bewirtet. Unter dem Kommando der vier ältesten,als Chargen(Hauptmann,Oberleutnant,Leutnant, Korporal) eingeteilten Ministranten marschierten einst zur Sonnenwende etwa zwanzig Buben vor die Häuser der Honoratioren des Marktes und nahmen dort Aufstellung. Die meisten hatten irgendeine alte Soldaten-Kopfbedeckung auf, einige auch eine solche der ehemaligen Bürger-Gardisten, andere wiederum selbstverfertigte Soldaten-Mützen. Die mit ihren Rangabzeichen versehenen „Offiziere" waren mit Säbeln an weißen Umhängeriemen, die „Mannschaft" war mit Gewehren ausgestattet. Ganz nach militärischem Kommando wurde nun die Ehrenbezeigung geleistet, dann hielten Hauptmann und Korporal eine kurze Ansprache: Hauptmann: „Heute ist der Sonnwendtag. Mit Pfeifen und mit Trommelschlag wollen wir den Herrn und die Frau begrüßen und zugleich auch anschießen. Gibt auch das Pulver wenig Rauch, so bleibt es doch ein alter Brauch." Korporal: „Ich bin Korporal, ein Unteroffizier, hab' sehr viele Knäblein hier. Wollen Sie mir s' lassen, will schon recht aufpassen, daß keiner daneben tritt und mit uns hält den gleichen Schritt." Nach einem kurzen Trommelwirbel und Trompetenstoß und nach dem Ehrengruß, einer exakt ausgeführten Salve mit den kunstvoll geschnitzten Gewehren,und nach der Entgegen nahme einer kleinen Gabe zogen sie weiter. Der Lauf dieser den Militärgewehren nachgebildeten Gewehre war am oberen Ende ge spalten und mit einem der Quere nach eingezwängten Hölzchen, an welchem eine Schnur befestigt war, auseinandergehalten. Auf das Kommando „Feuer!" hin, beim ruckartigen Ausziehen des Hölzchens,schnellten die beiden Spaltteile zusammen und erzeugten dadurch einen ziemlich lauten Knall. Der auf den Innenseiten der Spaltteile aufgetragene Kreide staub, der sich dabei löste, sah einer kleinen Pulverrauchwolke nicht unähnlich. Zuletzt kam der Zug der Schützen zum Hause des Lebzelters und Metsieders, wo die Schützen nach dem Ehrengruß mit Lebzelten und leichtem Met bewirtet wurden. Seit wann dieser seltsame, schon in den Fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nach weisbare und mit dem Beginne des ersten Weltkrieges für immer erloschene Brauch bestand.

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