OÖ. Heimatblätter 1967, 21. Jahrgang, Heft 3/4

Die Reimchronik führt diesen seltsamen Donauübergang noch auf eine natürliche Ursache, nämlich ganz ungewöhnliche Trockenheit, zurück. Die Legende aber begründet ihn durch wundersames Geschehen. Sie berichtet von einem ehrwürdigen Minoritenpater Walter, der sich durch glühenden Glaubenseifer und tätige Nächstenliebe hervortat. So eilte er einem am anderen Ufer der Donau in den letzten Zügen liegenden Kranken mit den Tröstungen der Religion zu Hilfe,indem er über die Wellen der Donau schritt, als ob sie eineJochbrücke gebildet hätten. 68 E lg/2 Auch Seyringer erzähltin seiner Linzer Chronik — mit Angabe einer völlig anderenJahreszahl - eine ähnliche Geschichte: Im Jahre 1035 lebte in Linz ein seeleneifriger Priester namens Pater Walter, welcher durch seine mitreißenden Predigten großen Einfluß auf die Linzer ausübte. Da noch keine Brücke bestand, eilte er einmal, trockenen Fußes über die Donau schreitend,einem Sterbenden „im Urfahr" mit dem Hochwürdigsten Gutzu Hilfe. 71 234 Völlig legendäre Züge trägt eine vierte Fassung des frommen Berichtes, die auch das Ent stehen der Siedlung Urfahr in das Geschehen einbezieht: Der wundertätige Minoritenmönch Walter wollte einst — bevor noch die Donaubrücke bestand — ans andere Ufer, um einem Kranken „im Urfahr" (an der Überfuhrstelle) die letzte Wegzehrung zu reichen. Er rief mehrmals laut:„Hol über!", doch kein Fährmann wagte sich aufden Hochwasser führenden Strom hinaus.Da breitete derfromme Gottesmann seinen Mantel aufdie Wellen,stieg darauf und fuhr so trockenen Fußes ans andere Ufer. Dieses Wunder und die frommen Predigten des Paters zogen viele Menschen an. Walter erbaute ein Kirchlein, um das sich allmählich Leute ansiedelten. So entstand der Ort Urfahr. 46 206/477 Es waren wohl auch die Gebeine dieses Wundermannes, welche 1689 bei der Erneuerung des Linzer Provinzhauses der Minoriten gehoben wurden und balsamischen Duft verbreiteten. 86 E lg/2 Wunderbare Holzlieferung Im Jahre 1745 dachte man daran, die Altäre der Kapuzinerkirche in Urfahr zu erneuern. Mitten unter der Arbeit aber ging das zum Neubau der Altäre des heiligen Michael wie der heiligen Maria benötigte Fladerholz aus. Auch für teures Geld war in und um Linz nichts Brauchbares aufzutreiben. Da schwemmte das Frühjahrshochwasser des Jahres 1746 eine Fülle geeigneten Holzes in Urfahr ans Donauufer. Nun konnte zügig weitergebaut werden. Diese wunderbare Holzlieferung schrieben die Kapuziner dem Walten der beiden Altarheiligen zu. 68 E la/406 Erscheinung in Urfahr Im Hemlmayrgute oberhalb des Pöstlingberges starb die alte Auszugbäuerin Maria. Sie war zeitlebens eine besondere Verehrerin des Muttergottesbildes bei den Kapuzinern in Urfahr gewesen. Ihr Enkelkind Rosina hatte sie in den letzten Lebenswochen gepflegt und war nach dem Tode der Ahnl noch einige Wochen auf dem Hofe verblieben. In der Nacht wurde nun Rosina mehrmals durch das Erscheinen einer weißen Frau geweckt. Auch der Großvater und die Hausleute sahen, vom Mädchen aufmerksam gemacht, die unheimliche Gestalt. Schließlich wagte das Kind, das Gespenst anzusprechen: „Gelobt sei Jesus Christus!" Die Angesprochene antwortete: „In Ewigkeit!". Rosina sprach weiter: „Alle guten Geister loben Gott, den Herrn!" Die Erscheinung erwiderte: „Ich in gleicher Weise!" und gab sich dann als die vor vier Wochen verstorbene Großmutter zu erkennen. Ihre innige Bitte an alle Hausleute lautete, sie möchten für ihr Seelenheil eine Wallfahrt

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