Darstellungen dieser aus dem Niederrhein zu uns gelangten frommen Sage und weist alle wesentlichen Züge des Volto-Santo-Kultes auf. Eine Königstochter aus Holland, gleich ausgezeichnet durch Schönheit wie Weisheit, wurde im 2. Jahrhundert nach Christi Geburt im christlichen Glauben erzogen und gelobte ewige Jungfrauschaft. Der Vater,ein Heide, bestimmte sie aber einem Nachbarkönig zur Gemahlin. In ihrer Gewissensbedrängnis bat das Mädchen, Gott möge ihr Antlitz entstellen. Richtig, über Nacht wuchs ihr ein mächtiger Bart! Der ergrimmte Vater ließ die seine Pläne durch kreuzende Tochter erst im Kerker schmachten und schließlich lebendig ans Kreuz schlagen, damit sie ja ihrem so geliebten Bräutigam Christus gleiche. Während sie solche Todesmarter ergeben duldete, kam ein armer Spielmann am Kreuze vorbei. Aus tiefem Mitleid und Erbarmen kniete er davor nieder, und weil er nichts anderes zu geben hatte,so spielte er der Gekreuzigten aufseiner Geige ein paar Stücklein vor. Gestärkt und getröstet durch diesen Beweis einfaltiger,aber echter Anteilnahme,warfihm die Märtyrin ihren rechten goldenen Schuh zu und verschied. Als aber der Spielmann diesen Schuh einem Goldschmiede zum Kaufe anbot, nahm man ihn als Dieb fest und machte ihm den Prozeß. Vergebens beteuerte und beschwor der Geiger seine Unschuld, man glaubte ihm nicht und verurteilte ihn kurzerhand zum Tode. Als letzte Gunst erbat er sich die Erlaubnis, noch einmal vor der Gekreuzigten spielen zu dürfen. Und siehe! Als er geendet hatte, glitt ihm vom Fuße der Toten der zweite Schuh in den Schoß. Aufwunderbare Weise war damit die Unschuld des Spielmannes bezeugt. 38, 46; 42, 66 Von der wilden Jagd Nächtliche Umzüge geisterhafter Wesen waren auch im alten Linz bekannt und Gegenstand so mancher Gespenstergeschichte beim Zusammensein an den langen, dunklen Winter abenden. So zog das Totenheer der „Wilden Jagd" mit Johlen und Jaulen, mit Sausen und Brausen in stürmischen Herbst- und Frühlingsnächten durch die Auen des Donaustromes. Der alte Hoffmann, geboren 1828 in Linz, hat dies einst selber in den Linzer Auen erlebt. Auch gar mancher Arbeiter der Schiffswerft, gar mancher Kneeht der Aubauern hat es da kommen hören und sich schnell flach, das Gesicht zum Boden gewendet, die Arme und Beine gekreuzt, auf die Erde niedergeworfen, um nicht mitgenommen zu werden. Erst vor 100 Jahren gelang es dem Papst, das Wilde Heer auf 1000 Jahre zu bannen; seither läßt es sich nimmer sehen. 19, 12/70; 19/117; 41 Naeharbeiten des Teufels Wie in vielen Donauorten wurde auch in Linz von Schiffleuten und Aubauern über einen gespenstischen Schiffszug geflüstert, der des Nachts am Ufer der Donau stromaufwärts hastete. Schwarze Pferde ohne Kopf zogen ihn. Das wüste Hallo und Hüstaho der Schiffs reiter, ihr schußähnliches Peitschenknallen und lästerliches Fluchen, das Getrampel und Geschnaufe der schweren Rösser übertönte selbst das Geheul eines Wettersturmes. Wer ein solches „Nacharbeiten des Teufels", wie die Schiffleute diese Erscheinung nannten, erlebte, der bekreuzigte sich dreimal; wußte er doch, daß ein Todesfall in seiner Familie bevorstand oder gar bald sein eigenes letztes Stündlein schlagen werde. 14; 51 II. 196, HL 401 Die Totenmesse Ein braves und frommes Linzer Mädchen versäumte es nie, im Advent die Rorate zu be suchen. Eines Jahres irrte sie sich aber im Tage und ging noch vor Adventsbeginn in die gewohnte Kirche zur gewohnten Frühmesse. Das Gotteshaus war erfüllt von Betern, aber
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