Es ist, wie schon gesagt, verständlich, daß die Stürzung der Pranger-Säulen nach der Jose finischen Gerichts-Reform besonders überall dort, wo sie nicht auch zur fallweisen Befesti gung der Freyungs-Zeichen gedient hatten, am Bedenkenlosesten vollzogen wurde. Fast zeitlich zusammentreffend mit den obrigkeitlichen Vorstößen gegen die „frey-bäum" aus Gründen der Waldwirtschaft, mußte man sich in Handhabung der Freyungs-Zeichen nun vollends in die Enge getrieben fühlen. Das Ausstecken an Außenwänden wurde vielerorts jetzt zum letzten Auswege. Gewiß: das Herausstellen forstlicher Belange mochte nicht überall gleich früh und gleich nachhaltig eingesetzt und vor allem nicht gleich überzeugend gewirkt haben: im Mühlviertel etwa, wo die Großwälder so mancher Gemeinde noch vor den Türen lagen. Da mag sich etwas anderes begeben haben: die Vorstellung vom „Frei heits-Baume" als eines Politikums im heutigen Sinne. Wir kennen noch keine wissenschaft liche Untersuchung, die sich die Entstehung jener „Freiheits-Bäume" zum Gegenstande genommen hätte, die während des nordamerikanischen Unabhängigkeitskampfes und bald darauf während der Französischen Revolution eine so beträchtliche Rolle gespielt und - im Äußeren ganz wie unsere Maibäume mit Wipfel, Kranz und Band - entlang der Grenze den ihnen jetzt unterlegten Sinnbildgehalt politischer Freiheit auch schon auf deut schen Boden getragen hatten. Sollte da nicht vielleicht Heimatbrauch deutschblütiger Auswanderer die Wurzel gewesen sein, sich jenseits des Großen Teiches unter ganz anderen Verhältnissen inhaltlich gewandelt haben, das „freedom" allmählich ganz anders ausgelegt worden und damit wieder ein Beispiel mehr dafür gegeben sein, daß der Deutsche in seiner Nachäffungssucht sogar eigenes begeistert bewillkommt, wenn es ihm nur wenigstens vom Auslande unter neuer Bezeichnung oder mit neuem Anstriche wieder zurückgebracht wird? Das eine ist gewiß: daß diese Art „Freiheits-Bäume" als Wahrzeichen politischen Umsturzes wie alles andere auch, was nach „Freiheit" roch, der franziszeischen Regierung ein Dorn im Auge sein mußten, wenn sie auch nur Benennung und Äußeres mit dem „frey-baum" gemein hatten. Wir kennen zwar keine schriftliche Verordnung, die sich dahin ausgelassen hätte, können uns aber sehr wohl ausdenken, daß irgendein besonders „anschiebender" Kreisbeamter in seinem Gebiete bei Dienstreisen hin und wieder unmißverständliche Wün sche auf Abstellung des alten Brauches, die Schwertarme an solch bedenklich aussehenden Bäumen auszustecken, mündlich geäußert habe. Der Freistädter, der Weitersfeldner, St. Leonharder und der Kefermarkter Fall könnten vielleicht dafür Beispiele sein. Allmähliclies Abkommen des uralten Brauches Über all das hinaus begannen schon im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts mehr und mehr Gemeinwesen, die sich in falsch verstandenem „Fortschritts"-Geiste gefielen, mit dem ur alten Rechts-Brauche des Aussteckens überhaupt zu brechen und diese Vernüchterung setzte sich bis in unsere Tage in dem Maße fort, als durch ein immer mehr verändertes Wirtschaftsgefüge die alten Jahr-Märkte ihren ehedem so hohen Rang zusehends und schließ lich so weit verloren, daß sie entweder - wie die einstmals fast messeähnlichen großen beiden Linzer Märkte - ganz eingingen oder sich zu bloßen Gelegenheiten des Sehund- und Ramsch handels und bloßen Vergnügungsstätten verflachten. Zu derlei konnte sich freilich das alte, fast feierliche Freyungs-Zeichen um so weniger mehr reimen, als es ja seinen tieferen Sinn als fallweise gezeigtes symbolum iustitiae municipalis ohnehin seit Geltung der Straf-Gesetzbücher von 1787 bzw. 1803 verloren hatte, seit nämlich schon die Polizei-Strafen in die Zuständigkeit der „pofitischen Behörde" übergegangen waren. Die beim deutschstämmigen
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