OÖ. Heimatblätter 1966, 20. Jahrgang, Heft 1/2

was freilich sich in bloßer Erinnerung der Gedenkleute, also keinesfalls über ein Halbjahr hundert zurück erschöpft. Erst die Herrschaft unterstellt - und der Markt kann ein Gegenteil nicht erweisen daß dies von allem Anbeginne des Marktrechtes, vom Spätmittelalter her, schon so geübt worden sei, was wir füglich bezweifeln möchten. Welcher Teil mit dieser Sinnbilddeutelei überhaupt den Anfang gemacht - er riecht so ganz nach 17. Jahrhundert ist nicht mehr zu ermitteln, zeigt aber, wie fast süchtig man einst mit derlei war. Dabei hätte u. E. doch gerade die umgekehrte Richtung - vom Standorte des Gewaltträgers her, also die Faust mit dem Schwerte gegen den Markt hin weisend - nach der Einstellung der Herrschaft sinngemäßer, das gegen sie gekehrte Schwert verletzend sein müssen. In erster Reihe, dies steht fest, bezog sich die „fürstliche freyung" auf die wirtschaftlich so bedeutsamen Jahrmärkte. Ganz offenbar dehnten derartig bevorrechtete Gemeinwesen - wohl nach der Folgerung „ex maiori ad minus" - solches aber auch auf ihre Wochenmärkte aus, was, weU diese ja ebenfalls dem Umsätze von Wirtschaftsgütern zu dienen hatten, doppelt verständlich erscheint. Erstaunlicher ist es, daß selbst die doch auf ganz anderer, rein kirchlicher Wurzel entstandenen „kirchtage" solchen Schutzes mitunter ebenfalls teilhaftig wurden. Waren sie vorab auch nur Feste zu Ehren des örtlichen Kirchenheiligen, so sammelte sich da freilich gleichwohl auf verhältnismäßig engem Räume viel Volk, während sich ein Handel meist auf nur anlaßbedingte Waren (Kerzen, Wachsstöcke, Heiligenbilder, Weihgaben, kirchlich betonte Lebzelterware) zu beschränken pflegte. Mitunter scheint aber auch sogenannte Nürnberger-Ware feilgeboten worden zu sein, und zu bedeutenderen Kirchtagen fanden sich wohl auch Handwerker der weiteren Umgebung mit ihren Erzeug nissen ein. Aus diesen beinahe marktähnlichen Verhältnissen ergab sich denn die bemer kenswerte Tatsache, daß sich dort und da einmal die örtlich zuständige Grundherrschaft von Fall zu Fall in solchen des Markt-Rechtes entbehrenden Pfarr-Siedlungen, also Dörfern oder Aigen, der nötigen Vorkehrungen für öffentliche Ordnung und Sicherheit unter Ent sendung eines Gerichtsdieners annahm. So entstand ein der „landesfürstlichen freyung", dem Markt-Frieden, ganz entfernt ähnlicher Begriff für pfarrdörfliche Kirchtage, der sich betont in Niederösterreich und in Bayern, nicht aber in Oberösterreich, bekundet findet: die sogenannte „kirchtags-behut®'®". Sie beruht also nicht auf irgendeiner Bevorrechtung, sondern war nur eine sicherheitspolizeilich begründete Vorkehrung, da es begreiflicherweise nicht nur Gottes dienst und Umzug, sondern auch Spiel, Tanz, gehörige Trinkerei gab, Quacksalber, Wahr sager, Bärentreiber, Seiltänzer und manch andere „leichte Reiterei" beiderlei Geschlechtes da zu erscheinen pflegten. Fast scheint es, als hätten — mindestens in Oberösterreich - marktberechtigte Gemeinwesen mitunter auch in der äußeren Kenntlichmachung des geltenden „frieds" bei Jahr- und bei Wochenmärkten bzw. bei Kirchtagen unterschieden: indem sie nur bei Jahrmärkten den Schwertarm, bei den anderen Anlässen nur ein „fahnl" aussteckten. Ja, man könnte - ohne solches freilich erweisen zu können - mit dem Gedanken tändeln, ob nicht gerade um solcher Unterscheidung willen seit ungefähr dem 16. Jahrhundert der Schwertarm als FreyungsZeichen auftauchte®'. Dabei scheint vielerorts die Bedeutung des „fahnls" allein sogar noch weiter, nämlich bis zu einer Art bloßen Zeitzeichens mit demselben Sinne wie der obenJ. B. V. Suttinger, a. a. O., 1044 (tractatus de iurisdictione); A. W. Ertl, Tractatus de iurisdictione inferiori, I., 17/18; Kasp. Manzius, Decess. Palatin., dec. X., 91. " Der unten angeführte Greiner Fall zeigt recht gut, wie man mit dem „fahn" einen Wochenmarkt geradezu in Schwang zu bringen suchte.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2