vnd rauber vnd brenner vnd dibe." Ist also dort schon der Begriff tätlichen Angrifies ganz allgemein gehalten, so läßt im zweiten Falle die ausdrückliche Ausklammerung aller „un ehrlichen sach" und der Maßregelung schon Geächteter die Annahme nicht unbegründet sein, daß während „stehunder freyung" die Marktgerichtsbarkeit nicht nur zur Ahndung rein polizeilicher Verstöße, sondern selbst schwerer Körperverletzung noch bis etwa ins 15. Jahr hundert zuständig war und solche mit sogar verstümmelnder Leibes-Strafe belegen durfte. Es war dies das Abschlagen der rechten Hand, das auf Verletzung des Sonderfriedens gesetzt war. Diese Strafe an sich war - wie ja auch vielen anderen Völkern bekannt — schon in den deutschen Stammes-Rechten bekundet. So kennt sie, allerdings nur für Unfreie, die lex Baiwariorum (II., 10, 11) auf Raufhändel am Herzogshofe (wogegen ein Freier sich mit 40 Sch. davon lösen konnte), und laut II., 6 auf Diebstahl an Heeresgut während eines Feldzuges (mit derselben Ablösemöglichkeit für einen Freien). So recht eigentlich und allgemeiner war diese verstümmelnde Leibes-Strafe aber erst zur Strafe schlachtweg auf Verletzung eines Sonderfrieds durch schwere Tätlichkeit im Zuge der Gottes- und der Landfriedensgesetzgebung des 11./13. Jahrhunderts - vermutlich unter dem Einflüsse der italienischen Rechts-Lehre^^ - aufgerückt, die sich dann aber gerade im Süden und Südosten Schon ein kirchlicher (sogenannter „Gottes-)Friede von 1083 (Köln, VII) macht, berüchtigt durch Ein führung blutiger Strafen, den Anfang (auf Eidbruch nach einem beschworenen Frieden); von den weltlichen Landfrieden bestimmen Verlust der Hand nach einem frühen für Elsaß (um 1090, VII), die von 1152, 1179, 1223, 1224, 1229 (z.B. auf Raub, Diebstahl, Heimsuchung, räuberischen Einbruch, zuzüglich des zehnfachen Ersatzes); auf verstecktes Tragen bedenklicher Waffe z. B. die Landfrieden v. 1293 (XXIII) und 1300 (XIX), die bayerischen Landfrieden v. 1244 (LXXIX), 1256 (LI, 2), 1281 (LVI), 1300 (LXII, 1) wie auch die Stadtrechte von Brünn (1243, XXII), Lübeck (1167), Iglau (1250, III), Ofen (Fssg. 1413, CCXXVIII); die Stadtrechte von Enns (1212, XIX) auf Heimsuchung; von Wien (Fssg. 1221, VI) auf Begünstigung eines Geächteten (XVI), auf Tragen eines Stechmessers im Stiefel oder sonstwie verborgen, in beiden Fällen mit 10 Pfd. lösbar; Stadtrecht von Leobschütz (1270, XII) auf Fried-Bruch durch Zucken; Iglau (1250, XLI) auf Verfertigung eines Nachschlüssels (L), auf Schwertzucken während einer Feuers brunst; Magdeburg (1260) auf Fürwarten; Stadtrecht von München (1294, CCCXXXI) auf Wurf mit einer gefährlichen Waffe, bei Uneinbringlichkeit der Geld-Buße; Prag (1339, LXXXVIII) auf Maulschlag vor Gericht, Ofen (Fssg. 1413, CCLII) auf Entehrung eines Friedhofes, falls die Kosten der Wiederweihimg und 10 Mark Silbers als Buße nicht einbringlich („man sal im die hant lossen ap schlaen auf dem chrautmarckt"); Köln (1437, LXXXVIII) auf Messerzucken oder Schlagen vor Gericht; Marktrecht von Spittal (Kärnten, 1443, III) auf Friedbruch durch Zucken, jedoch mit 5 Mark Silbers lösbar; sogen. Wormser Re formation (1499, VL, 2, 9) auf Beihilfe bei Totschlag (od. auch andere Leibes-Strafe); Layen-Spiegel (1515, GXX, 1): „welcher iemannds auf dem marckht / bei der statt thor / in ainem schloß oder andern gefreiten vnd verbotten enden frävenlich schlecht / dem sol sein hand abschlagen". Das Straßburger Stadtrecht (Fssg. 1322, I., 4) gibt eine Schilderung dieses „iudicii manus": „da sol der stockwerter die harten haben" (auf gesetzt halten) „vnd der an dess vogts stat ist / der hebt eine hulcin slegel uf / unt siegt ime die hant abe". Gleichwohl war es im späten 13. Jh. heinahe schon Regel, daß man den Verlust der Hand mit der dafür fast kennzeichnend gewordenen 5 Pfd.-Buße ablösen konnte. Bezeichnend ist die Einstellung des SachsenSpiegels (Land-R., I., 65, 2): „sve lief oder hant ledeget. . . is rechtlos"; aber auch eine Ablösung dieser Strafe in Geld würde von dieser Rechts-Folge nicht befreien. Derartige rechtliche Gleichstellung einer Lebensmit verstümmelnder Leibes-Strafe war zumindest im nord- und mitteldeutschen Räume langher geläufig; es spricht z. B. auch eine Urkunde des Grafen Theodor von Flandern (1136) in einem Atem; „vel si sententia capitali aut membrorum mutilatione iuste damnentur". Nach der Glosse zu Land-R., III., 16, 2 galt jedoch eine Ausnahme bezüglich der Ablöse, nämlich die nach Land-R., II., 15, 1, wo auch auf Bruch angelobter Gewere der Verlust der Hand steht, der jedoch mit dem halben Wergeide abgelöst werden konnte. - Zum Gegenstande siehe übrigens auch Christ. Ludwig Grell, De iure manuum et poenis in iudicios criminali Ger manien imprimis amputatione / vom rechte der hand in peynlichen Sachen. Leipzig 1724; Christian Wildvogl. De iure manus texterae, Jena 1740; Chr. Besold, Thesaur. pract., „burgfried"; Job. Christoph Koch, Über Givil- u. Criminalstrafen, Gießen 1735, 610. - Einer gesonderten Untersuchung wert aber wäre die Bekundung (cod. Austr., III., 32), daß in jenen Fällen, wo jemand wegen Schlägerei - wohl in der Freyung - die Hand verwirkt hatte, dem ksrl. Haupt- und Wassermaut-Gerichte das Begnadigungs-Recht (ins aggratiandi) zustand. Der älteren Rechts-Auffassung germanischer Stämme —die nordischen Rechte spiegeln sie, wenngleich niederschriftlich jünger als die anderen Stammes-Rechte, vielfach wider - lag die verstümmelnde Vergeltung, die erst aus dem Jüdischen über die christliche Brücke hereingedrungen war, noch nicht. So setzte z.B. das Gesetzbuch Waldemars (II., 39) auf Verwundung, ja selbst auf Totschlag während der Marktzeit nur
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