OÖ. Heimatblätter 1966, 20. Jahrgang, Heft 1/2

Was überhaupt ein Schwert mit solchem Sinnbildgehalt auch nur „primär" bei einer MarktFreyung zu tun gehabt hätte, ist nicht erfindlich. Denn auf Grund einer solchen erweiterte sich der Einfluß des sonst in der betreffenden Gegend zuständigen Landgerichtes weder nach der räumlichen, noch zeitlichen, noch sachlichen Seite, geschweige daß es jetzt befugt gewesen wäre, innerhalb des betreffenden exempten oder immunen Burgfrieds solche er weiterte Zuständigkeit mit derlei Sinnbild irgendwie aufzuzeigen, ja auszuüben. Dem marktberechtigten Gemeinwesen hinwiederum war mit solcher landesfürstlicher Freyung keineswegs ein auch nur zeitweiser Blut-Bann verliehen. Äußerstens mochte - das jedoch sicher nicht mehr im 16. Jahrhundert - dort und da nach Maßgabe der Verhältnisse so etwas wie eine (lehrmäßige) „mittlere" Gerichtsbarkeit, eine Zuständigkeit zu verstüm melnder Leibes-Strafe dadurch geschaffen, oder besser: geduldet worden sein. Es ist also nach gar keiner Seite hin vertretbar, hier in den Schwertarmen ein „Zeichen der Blutge richtsbarkeit" zu sehen, dessen SinnbUdwert erst „in späterer Zeit" (wann?) auf das rein Wirtschaftliche geschrumpft wäre. Vielmehr dürfte eben auch hier das Schwert - von einer besonderen Symbolik der Hand und des Armes kann man dabei wohl kaum sprechen — nicht unähnlich seiner gelegentlichen heraldischen Darstellung neben dem Szepter wiederum nichts anderes als ein bloßes Sinnbild „der gewalt und iurisdiction" schlechtweg®® und als solches von Anbeginn seiner Verwendung als Freyungs-Zeichen gewertet gewesen, keines wegs erst „in späterer Zeit^°" geworden sein. Übrigens hätte, wenn je die Versinnbildlichung der „Blutgerichtsbarkeit" unter dem Schwertarme verstanden worden wäre, sein wie gesagt verhältnismäßig später Gebrauch als Freyungs-Zeichen bei der gerade in diesen Jahrhun derten auf ihren Blut-Bann und auf die ihm entsprechenden Äußerlichkeiten so eifersüch tigen Hoch-Gerichtsbarkeit sicherlich wie ein rotes Tuch gewirkt und wäre gewiß nicht unangefochten geblieben. Doch soll nicht bestritten werden, daß ein „bei stehender freyung" begangenes Schwerverbrechen wohl auch bei den zuständigen Blut-Gerichten eine strengere Straf-Würdigung dürfte erfahren haben. Was freilich bei solchem „freyungs-bruch" als „pur lauter malefiz" und somit unstreitig vom Hoch-Gerichte zu ahnden und was noch als delictum mixtum galt, das ist heute kaum mehr zu ergründen. Man dürfte aber wohl nicht fehlgehen mit der Annahme, daß zumindest bis zum 16. Jahrhundert herauf diese Grenze gerade in Sachen des „freyungs-bruches" durch Gewalttat (iniuria) beträcht lich zugunsten der Marktgerichtsbarkeit verschoben war. Solches möchte vielleicht schon aus dem Stadtrechte von Wiener-Neustadt (um 1276, Art. XXIX) erhellen, wonach der, so sich an einem anderen während des „markchfrids" irgendwie tätlich vergriffe, je 5 Pfd. an das Gericht und an den Angegriffenen zu büßen hatte. Das Privileg Albrechts I., das für den Wiener Jahrmarkt Fried, Schutz und Sicherheit gab, sagt ja ausdrücklich: „swer si" (die Marktleute) „angreiffet / der sol werden gerihtet alss ain zerprecher des vrides vnd ain betrueber des lands. wir nemen aber auz der vreeiunge uebersait laeute vnd valscher " Im selben Sinne, wie dies auch schon der Sachsen-Spiegel (Land-R., I., 1, I) versteht; über das Aufstecken eines Schwertes, Schwertarmes oder Schildes beim Thing- oder Malplatze, vgl. Ch. G. Haltaus, de turre rubea Germanorum mediae aevi et qui cognati sunt argumenti, Leipzig 1757; J. M. Crayer, de iudiciis veterum Germanorum sub diumo ante tempus Caroli Magni, Wittbg., 1724; Christ. Gottl. Buder, de iudiciis populorum septentrionalium et Germanorum sub diurno / existimationibusque in eis observatis, Jena 1751. Wir möchten im Gegenteile die in der Constit. Criminal. Carolina (Art. LXXXII) gegebene Deutung des Schwertes als Hoch-gerichtliches Würdezeichen erst als die „spätere", von der Rechts-Lehre aufgestellte Auslegung ansehen, die sich jedoch in Österreich nur teilweise durchsetzte. Es waren das also außer dem mit der Ächtung belegten Totschlage eben jene betont „imehrlichen" Tatbe stände: Diebstahl, Raub, Meuchelmord, Mordbrand.

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