OÖ. Heimatblätter 1966, 20. Jahrgang, Heft 1/2

Zu den heimischen Typen gehörte auch die „Glaserer Pepi". Sie war beim Bäckermeister bedienstet und führte tagtäglich mit einem flotten Hundegespann das Brot in die Häuser aus. Die zwei Hunde waren wie Pferde angeschirrt und an das Wagerl gespannt, sie saß bequem auf dem Wagerl und lenkte die Hunde, die oft mit ganz schöner Geschwindigkeit dahintrabten. Hinter ihr hatte sie am Wagerl den Bäckerkorb, der auch am Buckel getragen werden konnte. Bei den Häusern hielt sie an, krallte das Gebäck aus dem Korb und trug es ins Haus, die Hunde hielten derweil Wache beim Wagerl und schnauften sich aus. Einmal stand sie auf dem Wagerl, um die Wecken und Semmerl, Bollerl, Schienbeinl und Kipfel von ganz unten heraufzuholen, derweil kamen wir Schulbuben daher und bewarfen in unserm Übermut die Hunde mit Steinchen, die Tiere sprangen natürlich sofort auf und sausten in einem Sprung mit dem Wagerl und ihrer Herrin davon, die gute Pepi stürzte dabei kopfüber in den Bäckerkorb, so daß nur mehr die Füße herausragten, dann kollerte sie samt dem Korb auf die Straße, und die Hunde mit dem W^agerl waren weg. Seither mußten wir bei jeder Begegnung in weitem Bogen ausweichen, weil die Pepi uns jedesmal mit der Peitsche bedrohte. Die „Einleger habe ich wohl selbst nicht mehr erlebt, aber die meisten noch gekannt, als sie nach Abschaffung der Einlage als Bettler von Haus zu Haus herumzogen. Bettler gab es immer, es waren meist unverschuldet - wegen Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit — im Alter in Not geratene, aber auch arbeitsscheue Menschen, die kein Dach über dem Kopf und nichts zu essen hatten. Jeder Bauer mußte einen solchen „Einleger", wie man sie nannte, an bestimmten Tagen mit Kost und Unterkunft betreuen, in die Einlage nehmen. Diese Leute waren nicht gern gesehen, sondern eher verrufen, weil sie meist schlechte Ma nieren, Ungeziefer usw. hatten, oft auch anspruchsvoll oder frech waren. Sie hausten meist im unteren Stubenwinkel neben der Stubentür; wenn kein Tisch dort war, mußten sie sich mit dem Bankwinkel begnügen. Das Nachtlager wurde ihnen im Sommer im Heu stadl, im Winter im Stall zugeteilt. Dies war natürlich eine ständige und unangenehme Belastung für die Bauern, deshalb wurde diese Einlage gegen 1900 abgeschafft, in der Ge meinde ein Armenhaus errichtet und die Leute dort untergebracht und versorgt. Diese Art Kasernierung taugte aber vielen nicht, so daß sich manche immer noch bettelnd herum trieben und lieber bei den Bauern nächtigten. Sie waren dieses Herumstrolchen schon so gewohnt, so daß sie sich an eine ordentliche Pflege und Betreuung nicht gewöhnen konnten. Auch waren sie unter den Bauern schon so bekannt und an sie gewöhnt, daß sie lieber bei ihnen blieben als im Armenhaus. Die „Dichtlin" war die Frau eines Holzknechtes und führte im kleinen Dichtlhäusl ein bescheidenes Dasein. Im Sommer befaßte sie sich mit allem Eifer mit Beerenpflücken in den bergigen Wäldern. Sie füllte die Beeren (Erdbeeren, Zeppbeeren, Himbeeren usw.) in Schüsseln und Brotkörberl, stellte 4 bis 5 volle Körbchen auf ein langes Brett, das sie mit einem Tragriedel auf den Kopf nahm, und so den weiten Weg bis Traunkirchen und Ebensee ging, wo sie die Beeren den Bestellern zutrug oder auf freien Plätzen zum Verkauf anbot; spät abends stapfte sie wieder heimwärts und war an den nächsten Tagen schon wieder bei ihren Beeren in den Waldungen. Eine solche Last frei auf dem Kopf 3-4 Stunden weit zu tragen, erforderte bei den miserablen Straßen viel Geschicklichkeit und Mühe. Ein kleines Hunderl war ihr ständiger Begleiter. Der „Mauseier", klein und unansehnlich von Gestalt, hatte sich auf das Mäusefangen spezialisiert, zog von Haus zu Haus und fing die Grundmäuse. Mit einem Spitzstecken in

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