OÖ. Heimatblätter 1966, 20. Jahrgang, Heft 1/2

Grenzsteinen (Abb. 1, 2) sichtbar hervortrat. Insbesondere mußte aber auch das, was für den schon nicht mehr oder doch nicht mehr ausschließlich vom Ackerbau, sondern von Handel und Gewerbe lebenden Bürger fast eine Lebensnotwendigkeit, jedenfalls eine hochwichtige Nahrungsquelle war, der Jahrmarkt auf seine ganze Dauer für alle daran Teilhabenden, somit auch die Zureisenden, „gefriedet" sein"^®. Um also nun gerade diesen überaus geschätzten „fried", die „fürstliche freyung", allen Einheirmschen, noch mehr wohl all den zahlreichen zum Markte ziehenden Fremden, nicht zuletzt dem bei solchen Anlässen zuhauf kommenden fahrenden Volke unmißver ständlich von Fall zu Fall immer wieder zum Bewußtsein zu bringen, zweifellos aber nebstbei auch aus dem Stolz, diese Markt-Berechtigung jedesmal besonders herauszustellen, war man wohl schon im 13. Jahrhundert auf solcherlei Freyungs-Zeichen verfallen. Es galt, sie über allem Getriebe nicht nur während der Markttage selbst, sondern auch schon einige Tage zuvor (während des allgemeinen Zuzuges, der Einlagerung der Waren, der Herbergsnahme, dem Aufschlagen der Stände u. a. m.) und ebenso auch wieder noch auf einige Tage nachher (Abschlagen der Stände, Abraiten mit den Wirten und Herbergvätern, Beladen der Fuhr werke, Abfahrt usw.) weithin sichtbar aufzuzeigen, damit sich niemand auf Unkenntnis des verschärften „frieds" sollte berufen können. Daß in Österreich - so wie in anderen Teilen des deutschen Raumes - je auch der Hand schuh, wenn auch nur in Nachbildung, als solch ein Freyungs-Zeichen gegolten habe, ist sehr zu bezweifeln. Erhalten hat sich jedenfalls nichts derartiges und auch kein archivaler Hinweis. Es ist aber leider auch nicht ein einziges jener „hüetl" auf uns gekommen oder auch nur eine Abbildung erhalten geblieben, aus der Aussehen und Gebrauch einwandfrei zu erkennen wäre. Mit größter Wahrscheinlichkeit wurde auch dieses Rechts-Sinnbild auf einer hohen Stange^® gezeigt. Warum man von ihm - wohl schon im 15. Jahrhundert - ab- und ganz zu dem vielleicht schon neben dem „hüetl" gebrauchten „fahndl", endlich gar zum Schwert-Arme überging, läßt sich nicht ergründen. Sollte etwa die Erhebung zum Erz zeigen sie als mehr oder minder verzierte lateinische oder als Tau-Kreuze. Christoph Besold, Thesaurus practicus de terminis, Tübingen 1629, sagt tmter „markt-kreuz: . . . ac nominatim in civitatibus crucem errigi consuevisse / tradit auctor Weichbild., art. VII in signum seil, iurisdictionis et iudicii. . . tmd ist vor alters darbey gedeutet gewesen / daß man ein groß hültzeres creutz in einer Stadt oder flecken hat aufgericht / darauf ein hand oder schwertt gesteckt / zum zeichen der gericht über Hals und band" (vgl. Joh. Griphiander, Tractatus de weichbildiis Saxonicis seu colossis Rolandinis, Strassburg 1666, LX., 13; Georg Nicol. Appoldi, Disputatio de signo pacis / von dem burgfrieden. Gießen 1694; Adrian Beyer, Dissertat. de iure castrensi / vom burgfrieden, Jena 1694; Joh. Jod. Beck., Tractatus de iure limitum, Nürnberg 1723, VI; Chr. Besold, a. a. O., unter „burgfried". Auch der Sachsen-Spiegel (Land-R., II., 26) macht die Eröffnung neuer Märkte von der ausdrücklichen Zustimmung des Landesfürsten abhängig („ok sal die koning durch recht sinen hantscho dar to senden"). Solche Marktrechts-Verleihung „per chirothecam", nur durch Übersendung eines landesfürstlichen Hand schuhes, mag in früherer Zeit, besonders bei beträchtlicher Entfernung vom Hofe, sogar die Regel und der Handschuh voller Ersatz für Brief und Siegel gewesen sein. So war es z. B, im 13. Jh. auch noch allgemeiner Brauch, daß bei Ausprägung neuer Münzen der König seinen Handschuh zum Zeichen der Einwilligung schickte (J. D. v. Ohlenschlager, Erläuterungen d. Goldenen Bulle, Frankfurt 1766, XXXVI, 95). Daß die Eröffnung einer neuen Münzstätte ein verliehenes Markt-Recht voraussetzte, soll unbestritten sein; daß aber beides, wie R. Schröder (Deutsche Rechtsgeschichte 1907, 189) sagt, in karlingischer Zeit „regelmäßig" zusammenfallen mußte, kommt für Österreich ganz außer Betracht. Auch das Auflegen eines Handschuhes auf den Richtertisch ist mancherorts im deutschen Räume bezeugt. Vgl. Friedr. v. Schiller, Wilhelm Teil, III., Aufz., 3. Sz.: „Seht ihr den Hut dort auf der Stange?!". Die Be zeichnung „hütl" für den babenbergischen Herzogs- bzw. österreichischen Erzherzogshut hatte sich noch lange erhalten: so findet sie sich noch in einer königlichen Anordnung aus Preßburg vom 15. 9. 1741, wonach die österreichischen Staatskleinodien vor den anrückenden Franzosen imd Bayern aus Klosterneuburg nach Wien zu bringen waren. Die Vorstellung vom Hute als einem Zeichen der Freiheit mag den in Frankreich bekundeten Rechts-Brauch bestimmt haben, einem Verurteilten vor der Hinrichtung den Hut vom Kopfe zu reißen (vgl. Pet. Gregor Du Faure, Faber Tolosanus, Syntagma iuris universi, Paris 1679, XXXII, 27.

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